26 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.
politische Autorität der Provinz, hatte eine Proclamation erlassen
des Inhalts: „In Berlin ist eine Revolution ausgebrochen; ich
werde eine Stellung über den Parteien nehmen.“ Diese „Stütze
des Thrones“ war später Minister und Inhaber hoher und einfluß-
reicher Aemter. General Hedemann gehörte dem Humboldtschen
Kreise an.
Nach Schönhausen zurückgekehrt, suchte ich den Bauern begreif-
lich zu machen, daß der bewaffnete Zug nach Berlin nicht thunlich
sei, gerieth aber dadurch in den Verdacht, in Berlin von dem
revolutionären Schwindel angesteckt zu sein. Ich machte ihnen
daher den Vorschlag, der angenommen wurde, daß Deputirte aus
Schönhausen und andern Dörfern mit mir nach Potsdam reisen
sollten, um selbst zu sehn, und den General von Prittwitz, viel-
leicht den Prinzen von Preußen zu sprechen. Als wir am 25. den
Bahnhof von Potsdam erreichten, war der König eben dort ein-
getroffen und von einer großen Menschenmenge in wohlwollender
Stimmung empfangen worden. Ich sagte meinen bäuerlichen Be-
gleitern: „Da ist der König, ich werde Euch ihm vorstellen, sprecht
mit ihm.“ Das lehnten sie aber ängstlich ab und verzogen sich
schnell in die hintersten Reihen. Ich begrüßte den König ehr-
furchtsvoll, er dankte, ohne mich zu erkennen, und fuhr nach dem
Schlosse. Ich folgte ihm und hörte dort die Anrede, welche er im
Marmorsaale an die Offiziere des Gardecorps richtete ). Bei den
Worten: „Ich bin niemals freier und sichrer gewesen als unter
dem Schutze meiner Bürger“ erhob sich ein Murren und Aufstoßen
von Säbelscheiden, wie es ein König von Preußen in Mitten
seiner Offiziere nie gehört haben wird und hoffentlich nie wieder
hören wird *).
) Die meiner Erinnerung und sich unter einander widersprechenden
Berichte der Allgemeinen Preußischen, der Vossischen und der Schlesischen Zeitung
liegen mir vor. (Wolff, Berliner Revolutions-Chronik Band J 424.)
1) Sie findet sich nach den Aufzeichnungen eines Offiziers in Gerlach's
Denkwürdigkeiten 1 148 f.