30 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.
getreten: „Der Schloßplatz muß geräumt werden.“ „Das ist un-
Möglich,“ habe er geantwortet, „damit gebe ich den König preis.“
Darauf Bodelschwingh: „Der König hat in seiner Proclamation
befohlen, daß alle „öffentlichen Plätze #r) geräumt werden sollen;
ist der Schloßplatz ein öffentlicher Platz oder nicht? Noch bin ich
Minister, und ich habe es wohl auswendig gelernt, was ich als solcher
zu thun habe. Ich fordere Sie auf, den Schloßplatz zu räumen.“
„Was,“ so schloß Prittwitz seine Mittheilung, „was hätte ich dar-
auf anders thun sollen, als abmarschiren?“ „Ich würde,“ antwortete
ich, „es für das Zweckmäßigste gehalten haben, einem Unteroffizier
zu befehlen: „Nehmen Sie diesen Civilisten in Verwahrung.“ Pritt-
witz erwiderte: „Wenn man vom Rathhause kommt, ist man immer
klüger. Sie urtheilen als Politiker; ich handelte ausschließlich als
Soldat auf Weisung des auf eine unterschriebene allerhöchste Procla--
mation sich stützenden dirigirenden Ministers.“ — Von andrer Seite
habe ich gehört, Prittwitz habe diese seine letzte im Freien statt-
findende Unterredung mit Bodelschwingh damit abgebrochen, daß
er blauroth vor Zorn den Degen in die Scheide gestoßen und die
Aufforderung gemurmelt habe, die Götz von Berlichingen dem
Reichscommissar durch das Fenster zuruft. Dann habe er sein
Pferd links gedreht und sei durch die Schloßfreiheit schweigend und
im Schritt abgeritten. Durch einen vom Schlosse gesendeten Offizier
nach dem Verbleib der Truppen gefragt, habe er bissig geantwortet:
„Die sind mir durch die Finger gegangen, wo Alle mitreden & K).“
Von Offizieren aus der nächsten Umgebung Sr. Majestät habe
ich Folgendes gehört. Sie suchten den König auf, der momentan
nicht zu finden war, weil er aus natürlichen Gründen sich zurück-
gezogen hatte. Als er wieder zum Vorschein kam und gefragt wurde:
„Haben Ew. Majestät befohlen, daß die Truppen abmarschiren?“
) Die Proclamation sagt: „alle Straßen und Plätze“.
XX) Das Schreiben des Pastors von Bodelschwingh vom 8. November 1891
(Kreuzzeitung vom 18. November 1891, Nr. 539) und die Denkwürdigkeiten aus
dem Leben Leopolds von Gerlach sind mir bekannt.