Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

32 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848. 
als Viele von Ihnen, daß keine menschliche Macht im Stande ist, 
sie wieder zu erwecken, nachdem die Krone selbst die Erde auf ihren 
Sarg geworfen hat. Aber wenn ich dies, durch die Gewalt der 
Umstände gezwungen, acceptire, so kann ich doch nicht aus meiner 
Wirksamkeit auf dem Vereinigten Landtage mit der Lüge scheiden, 
daß ich für das danken und mich freuen soll über das, was ich 
mindestens für einen irrthümlichen Weg halten muß. Wenn es 
wirklich gelingt, auf dem neuen Wege, der jetzt eingeschlagen ist, 
ein einiges deutsches Vaterland, einen glücklichen oder auch 
nur gesetzmäßig geordneten Zustand zu erlangen, dann wird der 
Augenblick gekommen sein, wo ich dem Urheber der neuen Ordnung 
der Dinge meinen Dank aussprechen kann, jetzt aber ist es mir 
nicht möglich.“ 
Ich wollte mehr sagen, war aber durch innere Bewegung in 
die Unmöglichkeit versetzt, weiter zu sprechen, und verfiel in einen 
Weinkrampf, der mich zwang, die Tribüne zu verlassen. 
Wenige Tage zuvor hatte mir ein Angriff einer Magdeburger 
Zeitung Anlaß gegeben, an die Redaction das nachstehende Schreiben 
zu richten, in welchem ich eine der Errungenschaften, das stürmisch 
geforderte und durch die Aufhebung der Censur gewährte „Recht 
der freien Meinungsäußerung“, auch für mich in Anspruch nahm, 
nicht ahnend, daß mir dasselbe 42 Jahre später 1) würde bestritten 
werden. 
„Eure Wohlgeboren 
haben in die heutige Nummer Ihrer Zeitung einen „Aus der Alt- 
mark'datirten Artikel ausgenommen, der einzelne Persönlichkeiten 
verdächtigt, indirect auch mich, und ich stelle daher Ihrem Gerech- 
tigkeitsgefühl anheim, ob Sie nachstehende Erwiderung aufnehmen 
wollen. Ich bin zwar nicht der in jenem Artikel bezeichnete Herr, 
welcher von Potsdam nach Stendal gekommen sein soll, aber ich 
1) Durch den Erlaß Caprivi's vom 23. Mai 1890.
	        
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