Schwäche Friedrich Wilhelms IV. Erster Besuch in Sanssouci. 43
1848 bis 1866 wie die Juden, bevor sie das gelobte Land er-
reichten, noch haben durchmachen müssen. Die Kriege von 1866
und 1870 wären uns doch schwerlich erspart worden, nachdem
unsre 1848 zusammengebrochenen Nachbarn in Anlehnung an
Paris, Wien und anderswo sich wieder ermuthigt und gekräftigt
haben würden. Es ist fraglich, ob auf dem kürzeren und rascheren
Wege des Märzsieges von 1848 die Wirkung der geschichtlichen
Ereignisse auf die Deutschen dieselbe gewesen sein würde, wie die
heut vorhandene, die den Eindruck macht, daß die Dynastien, und
grade die früher hervorragend particularistischen, reichsfreundlicher
sind als die Fractionen und Parteien.
Mein erster Besuch in Sanssouci kam unter ungünstigen
Aspecten zu Stande. In den ersten Tagen des Juni, wenige Tage
vor dem Abgange des Ministerpräsidenten Ludolf Camphausen, be-
fand ich mich in Potsdam, als ein Leibjäger mich in dem Gast-
hofe aufsuchte, um mir zu melden, daß der König mich zu sprechen
wünsche. Ich sagte unter dem Eindruck meiner frondirenden Ge-
müthsstimmung, daß ich bedauerte, dem Befehle Sr. Majestät
nicht Folge leisten zu können, da ich im Begriffe sei, nach Hause
zu reisen und meine Frau, deren Gesundheit besondrer Schonung
bedürfe, sich ängstigen würde, wenn ich länger als verabredet aus-
bliebe. Nach einiger Zeit erschien der Flügeladjutant Edwin von
Manteuffel, wiederholte die Aufforderung in Form einer Einladung
zur Tafel und sagte, der König stelle mir einen Feldjäger zur Ver-
fügung, um meine Frau zu benachrichtigen. Es blieb mir nichts
übrig, als mich nach Sanssouci zu begeben. Die Tischgesellschaft
war sehr klein, enthielt, wenn ich mich recht erinnere, außer den
Damen und Herrn vom Dienste nur Camphausen und mich. Nach
der Tafel führte der König mich auf die Terrasse und fragte
freundlich: „Wie geht es bei Ihnen?“ In der Gereiztheit, die ich
seit den Märztagen in mir trug, antwortete ich: „Schlecht.“ Darauf
der König: „Ich denke, die Stimmung ist gut bei Ihnen.“ Darauf
ich, unter dem Eindrucke von Anordnungen, deren Inhalt mir nicht