Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

44 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848. 
erinnerlich ist: „Die Stimmung war sehr gut, aber seit die Revo- 
lution uns von den königlichen Behörden unter königlichem Stempel 
eingeimpft worden, ist sie schlecht geworden. Das Vertrauen zu 
dem Beistande des Königs fehlt.“ In dem Augenblicke trat die 
Königin hinter einem Gebüsche hervor und sagte: „Wie können 
Sie so zu dem Könige sprechen?“ — „Laß mich nur, Elise,“ ver- 
setzte der König, „ich werde schon mit ihm fertig werden;“ und 
dann zu mir gewandt: „Was werfen Sie mir denn eigentlich 
vor?“ — „Die Räumung Berlins.“ — „Die habe ich nicht ge- 
wollt,“ erwiderte der König. Und die Königin, die noch in Gehörs- 
weite geblieben war, setzte hinzu: „Daran ist der König ganz un- 
schuldig, er hatte seit drei Tagen nicht geschlafen.“ — „Ein König 
muß schlafen können,“ versetzte ich. Unbeirrt durch diese schroffe 
Aeußerung sagte der König: „Man ist immer klüger, wenn man 
von dem Nathhause kommt; was wäre denn damit gewonnen, daß 
ich zugäbe, „wie ein Esel“ gehandelt zu haben? Vorwürfe sind nicht 
das Mittel, einen umgestürzten Thron wieder aufzurichten, dazu 
bedarf ich des Beistandes und thätiger Hingebung, nicht der Kritik.“ 
Die Güte, mit der er dies und Aehnliches sagte, überwältigte mich. 
Ich war gekommen in der Stimmung eines Frondeurs, dem es 
ganz recht sein würde, ungnädig weggeschickt zu werden, und ging, 
vollständig entwaffnet und gewonnen. 
Auf meine Vorstellungen, daß er Herr im Lande sei und die 
Macht besitze, die bedrohte Ordnung überall herzustellen, sagte er, 
er müsse sich hüten, den Weg des formellen Rechtes zu verlassen; 
wenn er mit der Berliner Versammlung, dem Tagelöhnerparlamente, 
wie man sie damals in gewissen Kreisen nannte, brechen wolle, so 
müsse er dazu das formelle Recht auf seiner Seite haben, sonst 
stehe seine Sache auf schwachen Füßen, und die ganze Monarchie 
laufe Gefahr, nicht blos von innern Bewegungen, sondern auch 
von außen her. Vielleicht hat er dabei an einen französischen Krieg 
unter Betheiligung deutscher Aufstände gedacht. Wahrscheinlicher 
aber ist mir, daß er grade mir die Besorgniß, seine deutschen
	        
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