Hintergedanken des Königs. Die Camarilla: Rauch und Gerlach. 47
Kind, in der Politik tapfer und hochfliegend, aber durch körperliches
Phlegma gehemmt. Ich erinnere mich, daß ich in Gegenwart beider
Brüder, des Präsidenten und des Generals, veranlaßt wurde, mich
über den ihnen gemachten Vorwurf des Unpraktischen zu erklären
und das in folgender Weise that: „Wenn wir drei hier aus dem
Fenster einen Unfall auf der Straße geschehn sehn, so wird der
Herr Präsident daran eine geistreiche Betrachtung über unsern
Mangel an Glauben und die Unvollkommenheit unsrer Einrichtungen
knüpfen; der General wird genau das Richtige angeben, was unten
geschehn müsse, um zu helfen, aber sitzen bleiben; ich würde der
Einzige sein, der hinunter ginge oder Leute riefe, um zu helfen.“
So war der General der einflußreichste Politiker in der Camarilla
Friedrich Wilhelms IV., ein vornehmer und selbstloser Charakter,
ein treuer Diener des Königs, aber geistig vielleicht ebenso wie
körperlich durch das Schwergewicht seiner Person an der prompten
Ausführung seiner richtigen Gedanken behindert. An Tagen, wo
der König ungerecht oder ungnädig für ihn gewesen war, wurde
in der Abendandacht im Hause des Generals wohl das alte Kirchen-
lied gesungen:
Verlasse Dich auf Fürsten nicht,
Sie sind wie eine Wiege.
Wer heute Hosianna spricht,
Ruft morgen cruciüßge.
Aber seine Hingebung für den König erlitt unter diesem christ-
lichen Erguß seiner Verstimmung nicht die mindeste Abschwächung.
Auch für den seiner Meinung nach irrenden König setzte er sich
voll mit Leib und Leben ein, wie er schließlich seinen Tod dadurch
fast eigenwillig herbeiführte, daß er hinter der Leiche seines Königs
bei Wind und sehr hoher Kälte stundenlang in bloßem Kopfe, den
Helm in der Hand, folgte. Dieser letzten formalen Hingebung
des alten Dieners für die Leiche seines Herrn unterlag seine schon
länger angegriffene Gesundheit; er kam mit der Kopfrose nach
Hause und starb nach wenigen Tagen. Durch sein Ende erinnert