Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

50 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848. 
bei dem Einflusse, den Abgeordnete der äußersten Linken auf sie 
besäßen, müsse man auf größere Ausschreitungen gefaßt sein, wenn 
die Regirung dem demokratischen Andringen Widerstand zu leisten 
und in festere Wege einzulenken versuche. 
Als der Graf Brandenburg, gleichgültig gegen solche Besorg- 
nisse, sich bereit erklärt hatte, das Präsidium zu übernehmen, kam 
es darauf an, ihm geeignete und genehme Collegen zu gewinnen. 
In einer Liste, welche dem Könige vorgelegt wurde, fand sich auch 
mein Name; wie mir der General Gerlach erzählte, hatte der König 
dazu an den Rand geschrieben: „Nur zu gebrauchen, wenn das 
Bayonett schrankenlos waltet“ K). Der Graf Brandenburg selbst 
sagte mir in Potsdam: „Ich habe die Sache übernommen, habe 
aber kaum die Zeitungen gelesen, bin mit staatsrechtlichen Fragen 
unbekannt und kann nichts weiter thun, als meinen Kopf zu Markte 
tragen. Ich brauche einen „Kornak“, einen Mann, dem ich traue 
und der mir sagt, was ich thun kann. Ich gehe in die Sache wie 
ein Kind in's Dunkel, und weiß Niemanden, als Otto Manteuffel 
(Director im Ministerium des Innern), der die Vorbildung und 
zugleich mein persönliches Vertrauen besitzt, der aber noch Bedenken 
hat. Wenn er will, so gehe ich morgen in die Versammlung; 
wenn er nicht will, so müssen wir warten und einen Andern 
finden. Fahren Sie nach Berlin hinüber und bewegen Sie Man- 
teuffel.“ Dies gelang, nachdem ich von 9 Uhr bis Mitternacht 
in ihn eingeredet und es übernommen hatte, seine Frau in Pots- 
dam zu benachrichtigen, und die für die persönliche Sicherheit der 
Minister im Schauspielhause und in dessen Umgebung getroffenen 
Maßregeln dargelegt hatte. 
Am 9. November früh Morgens kam der zum Kriegsminister 
ernannte General v. Strotha zu mir, weil ihn Brandenburg an mich 
X) Gerlach ist zuverlässiger als die Quelle, aus welcher der Graf Vitzthum 
von Eckstädt geschöpft haben muß, wenn er — „Berlin und Wien“ S. 247 — 
die Randbemerkung so giebt: „Nother Neactionär, riecht nach Blut, später 
zu gebrauchen.“
	        
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