Preußens militärische Gebundenheit. Rede vom 3. December. 71
Stockhausen übernahm es, mein in der Lausitz liegendes Regi-
ment zu benachrichtigen, daß er dem Lieutenant von Bismarck be-
fohlen habe, in Berlin zu bleiben. Ich begab mich zunächst zu
meinem Landtagscollegen Justizrath Geppert, der damals an
der Spitze zwar nicht meiner Fraction, aber doch derjenigen Zahl-
reichen stand, welche man das rechte Centrum hätte nennen können,
und die zur Unterstützung der Regirung geneigt waren, aber die
energische Wahrnehmung der nationalen Aufgabe Preußens nicht
nur prinzipiell, sondern auch durch sofortige militärische Bethätigung
für angezeigt hielten. Ich stieß bei ihm in erster Linie auf parla-
mentarische Ansichten, die mit dem Programme des Kriegsministers
nicht übereinstimmten, mußte mich also bemühn, ihn von einer
Auffassung abzubringen, die ich selbst vor meiner Unterredung mit
Stockhausen in der Hauptsache getheilt hatte, und die man als
natürliches Erzeugniß eines verletzten nationalen oder preußisch-
militärischen Ehrgefühls bezeichnen kann. Ich erinnere mich, daß
unfre Besprechungen von langer Dauer waren und wiederholt
werden mußten. Ihre Wirkung auf die Fractionen der Rechten
läßt sich aus der Adreßdebatte entnehmen. Ich selbst habe am
3. December meine damalige Ueberzeugung in einer Rede aus-
gesprochen, der die nachstehenden Sätze entnommen sind½:
„Das preußische Volk hat sich, wie uns Allen bekannt ist, auf
den Ruf seines Königs einmüthig erhoben, es hat sich in ver-
trauensvollem Gehorsam erhoben, es hat sich erhoben, um gleich
seinen Vätern die Schlachten der Könige von Preußen zu schlagen,
ehe es wußte, und, meine Herrn, merken Sie das wohl, ehe es
wußte, was in diesen Schlachten erkämpft werden sollte; das wußte
vielleicht Niemand, der zur Landwehr abging.
Ich hatte gehofft, daß ich dieses Gefühl der Einmüthigkeit
und des Vertrauens wiederfinden würde in den Kreisen der Landes-
vertretung, in den engern Kreisen, in denen die Zügel der Re-
1) Politische Reden I 261 ff.