Bedenken des Kronprinzen. Graf Holnstein. 117
durch nicht vergessen und eine Saat von Mißtrauen und Haß
ausstreuen.
In dem Geffckenschen Tagebuche findet sich die Andeutung,
daß wir unsre Stärke nicht gekannt hätten; die Anwendung dieser
Stärke in damaliger Gegenwart wäre die Schwäche der Zukunft
Deutschlands geworden. Das Tagebuch ist wohl nicht damals auf
den Tag geschrieben, sondern später mit Wendungen vervollständigt
worden, durch die höfische Streber den Inhalt glaublich zu machen
suchten. Ich habe meiner Ueberzeugung, daß es gefälscht sei, und
meiner Entrüstung über die Intriganten und Ohrenbläser, die
sich einer arglosen und edlen Natur wie Kaiser Friedrich auf—
drängten, in dem veröffentlichten Immediatberichte 1) Ausdruck ge-
geben. Als ich diesen schrieb, hatte ich keine Ahnung davon, daß
der Fälscher in der Richtung von Geffcken, dem hanseatischen Welfen,
zu suchen sei, den seine Preußenfeindschaft seit Jahren nicht ge-
hindert hatte, sich um die Gunst des preußischen Kronprinzen zu
bewerben, um diesen, sein Haus und seinen Staat mit mehr Erfolg
schädigen, selbst aber eine Nolle spielen zu können. Gefscken gehörte
zu den Strebern, die seit 1866 verbittert waren, weil sie sich und
ihre Bedeutung verkannt fanden.
Außer den bairischen Unterhändlern befand sich in Versailles
als besondrer Vertrauensmann des Königs Ludwig der ihm als
Oberststallmeister persönlich nahestehende Graf Holnstein. Derselbe
übernahm auf meine Bitte in dem Augenblick, wo die Kaiserfrage
kritisch war und an dem Schweigen Baierns und der Abneigung
König Wilhelms zu scheitern drohte, die Ueberbringung eines
Schreibens von mir an seinen Herrn, das ich, um die Beförde-
rung nicht zu verzögern, sofort an einem abgedeckten Eßtische auf
durchschlagendem Papiere und mit widerstrebender Tinte schrieb?.
Ich entwickelte darin den Gedanken, daß die bairische Krone die
1) Vom 23. Sept. 1888.
„) S. Bd. 1 3353.