Die Maigesetze. Ursachen von Falks Rücktritt. 131
Falk unterlag derselben Tactik, die am Hofe gegen mich nicht
mit demselben Erfolge, aber mit gleichen Mitteln in Anwendung
gebracht worden war; er unterlag ihr, theils weil er für Hof—
eindrücke empfindlicher war als ich, theils weil ihm die Sympathie
des Kaisers nicht in gleichem Maße zur Seite stand wie mir. Die
antiministerielle Thätigkeit der Kaiserin fand ihre ursprüngliche
Quelle in der Unabhängigkeit des Charakters, welche es ihr er—
schwerte, mit einer Regirung zu gehn, die nicht in ihren eignen
Händen lag, und welche ihr ein Menschenalter hindurch den Weg
der Opposition gegen die jedesmalige Regirung anziehend machte.
Sie war nicht leicht der Meinung eines Andern. Zur Zeit des
Culturkampfes wurde diese Neigung gefördert durch die katholische
Umgebung Ihrer Majestät, welche aus dem ultramontanen Lager
Information und Anweisung erhielt. Diese Einflüsse nutzten mit Ge-
schick und Menschenkenntniß die alte Neigung der Kaiserin aus, auf
die jedesmalige Staatsregirung verbessernd einzuwirken. Ich habe
Falk wiederholt seine beabsichtigten Abschiedsgesuche ausgeredet, die
sich an Kaiserliche Handschreiben ungnädigen Inhalts, welche wohl
nicht der eignen Initiative des hohen Herrn entsprungen waren,
und an verletzendes Benehmen gegen seine Frau am Hofe knüpften.
Ich empfahl ihm, sich den ungnädigen, aber auch uncontrasignirten
Allerhöchsten Erlassen gegenüber, die weniger an den Culturkampf
als an die Beziehungen des Cultusministers zum Oberkirchenrath
und zur evangelischen Kirche anknüpften, passiv zu verhalten, allen-
falls seine Beschwerden an das Staatsministerium zu bringen, dessen
Anträge, wenn sie einhellig waren, der König zu berücksichtigen pflegte.
Endlich aber wurde er dadurch, daß er Kränkungen ausgesetzt war,
die seinem Ehrgefühl empfindlich waren, doch bestimmt, seinen
Abschied zu nehmen. Alle Erzählungen, nach denen ich ihn aus
dem Ministerium verdrängt haben soll, beruhn auf Erfindung, und
ich habe mich gewundert, daß er selbst ihnen niemals in der Oeffent-
lichkeit widersprochen hat, obschon er mit mir stets in befreundeten
Beziehungen geblieben ist. Aus den Vorgängen, die für seinen