Verhandlungen über Bennigsens Eintritt ins Ministerium. 183
punkte an, bedingt durch die Auffassung, daß es für jetzt und bis
nach den nächsten großen Kriegen nur darauf ankomme, Deutsch-
land fest zusammenwachsen zu lassen, es durch seine Wehrhaftigkeit
gegen äußere Gefahren und durch seine Verfassung gegen innere
dynastische Brüche sicher zu stellen. Ob wir uns nachher im Innern
etwas conservativer oder etwas liberaler einrichteten, das werde
eine Zweckmäßigkeitsfrage sein, die man erst ruhig erwägen könne,
wenn das Haus wetterfest sei. Ich hätte den aufrichtigen Wunsch,
ihn zu überreden, daß er, wie ich mich ausdrückte, zu mir in das
Schiff springe und mir bei dem Steuern helfe; ich läge am Lan-
dungsplatze und wartete auf sein Einsteigen.
Bennigsen blieb aber dabei, nicht ohne Forckenbeck und Stauffen-
berg eintreten zu wollen, und ließ mich unter dem Eindrucke, daß
mein Versuch mißlungen sei, einem Eindrucke, der schnell verstärkt
wurde durch das Einlaufen eines ungewöhnlich ungnädigen Schrei-
bens des Kaisers, aus dem ich ersah, daß Graf Eulenburg zu
ihm mit der Frage in das Zimmer getreten sei: „Haben Eure-
Majestät schon von dem neuen Ministerium gehört? Bennigsen.“
Dieser Mittheilung folgte der lebhafte schriftliche Ausbruch kaiser-
licher Entrüstung über meine Eigenmächtigkeit und über die Zu-
muthung, daß Er aufhören solle, „conservativ“ zu regiren. Ich,
war unwohl und abgespannt, und der Text des kaiserlichen Schrei-
bens und der Eulenburgische Angriff fielen mir dermaßen auf die-
Nerven, daß ich von Neuem ziemlich schwer erkrankte, nachdem ich-
dem Kaiser durch Roon geantwortet hatte, ich könne ihm einen
Nachfolger Eulenburgs doch nicht vorschlagen, ohne mich vorher
vergewissert zu haben, daß der Betreffende die Ernennung an-
nehmen werde; ich hätte Bennigsen für geeignet gehalten und seine
Stimmungen sondirt, bei ihm aber nicht die Auffassung gefunden,
die ich erwartet hätte, und die Ueberzeugung gewonnen, daß ich
ihn nicht zum Minister vorschlagen könne; die ungnädige Ver-
urtheilung, die ich durch das Schreiben erfahren hätte, nöthige
mich, mein Abschiedsgesuch vom Frühjahr zu erneuern. Diese