188 Sechsundzwanzigstes Kapitel: Intrigen.
behaltlos für den Reichsrath wählte. Damals hatte ich zu Graf
Goluchowski gesagt: „Si cela se fait, les Slaves sont mis au pied
du mur“ — eine von der obigen sehr verschiedene Aeußerung."
Ich habe unter meinen Argumenten für Auflösung besonders
geltend gemacht, daß dem Reichstage ohne Verletzung seines An-
sehns die Zurücknahme seines Beschlusses nur durch vorgängige Auf-
lösung möglich gemacht werden könne. Ob hervorragende National-=
liberale damals die Absicht hatten, nur meine Collegen oder meine
Nachfolger zu werden, kann unentschieden bleiben, da erstres immer
den Uebergang zu der andern Alternative bilden konnte; den zweifels-
freien Eindruck aber hatte ich, daß zwischen einigen meiner Collegen,
einigen Nationalliberalen und einigen Leuten von Einfluß am Hofe
und im Centrum über die Theilung meiner politischen Erbschaft die
Verhandlungen bis zur Verständigung oder nahezu so weit gediehn
waren. Diese Verständigung bedingte ein ähnliches Aggregat wie in
dem Ministerium Gladstone zwischen Liberalismus und Katholicis-
mus. Der Letztre reichte durch die nächsten Umgebungen der Kaiserin
Augusta, einschließlich des Einflusses der „Reichsglocke“, des Haus-
ministers von Schleinitz bis in das Palais des alten Kaisers; und bei
ihm fand der Gesammtangriff gegen mich einen thätigen Bundes-
genossen in dem General von Stosch. Derselbe hatte auch am kron-
prinzlichen Hofe eine gute Stellung, theils direct durch eignes Talent,
theils mit Hülfe des Herrn von Normann und seiner Frau, mit
denen er schon von Magdeburg her vertraut war und deren Ueber-
siedlung nach Berlin er vermittelt hatte.
IV.
Bei dem Plane, mich durch ein Cabinet Gladstone zu ersetzen,
war auf den Grafen Botho Eulenburg gerechnet, seit dem 31. März
1878 Minister des Innern, welchem seine Verwandschaft den traditio-
nellen Hofeinfluß seiner und der Dönhoffschen Familie sicherte. Er