Differenz mit Goltz über Behandlung der Herzogthümerfrage. 5
heit stürzen können, ohne etwas von ihnen zu besorgen zu
haben?
Sie nennen es eine „wundervolle‘ Politik, daß wir das
Gagernsche Programm ohne Reichsverfassung hätten verwirklichen
können. Ich sehe nicht ein, wie wir hätten dazu gelangen sollen,
wenn wir im Bunde mit den Würzburgern, auf deren Unter-
stützung angewiesen, Europa hätten besiegen müssen. Entweder
standen die Regirungen uns ehrlich bei, und der Kampfpreis
war ein Großherzog mehr in Deutschland, der aus Sorge
für seine neue Souveränetät am Bunde gegen Preußen stimmt,
ein Würzburger mehr; oder wir mußten, und das war das Wahr-
scheinlichere, unsern Verbündeten durch eine Reichsverfassung den
Boden unter den Füßen wegziehn und dennoch dabei auf ihre
Treue rechnen. Mißlang das, wie zu glauben, so waren wir
blamirt; gelang es, so hatten wir die Union mit der Reichsver-
fassung.
Sie sprechen von dem Staatencomplex von 70 Millionen mit
einer Million Soldaten, der in compacter Weise Europa trotzen
soll, muthen also Oestreich ein Aushalten auf Tod und Leben
bei einer Politik zu, die Preußen zur Hegemonie führen soll, und
trauen doch dem Staate, der 35 dieser 70 Millionen hat, nicht über
den Weg. Ich auch nicht; aber ich finde es für jetzt richtig, Oest-
reich bei uns zu haben; ob der Augenblick der Trennung kommt
und von wem, das werden wir sehn. Sie fragen: wann in aller
Welt sollen wir denn Krieg führen, wozu die Armeereorganisation?
und Ihre eignen Berichte schildern uns das Bedürfniß Frankreichs,
im Frühjahr Krieg zu haben, die Aussicht auf eine Revolution in
Galizien daneben. Rußland hat 200000 Mann über den polnischen
Bedarf auf den Beinen und kein Geld zu Phantasie-Rüstungen,
muß also muthmaßlich doch auf Krieg gefaßt sein; ich bin es auf
Krieg und mit Revolution combinirt. Sie sagen dann, daß wir
uns dem Kriege garnicht aussetzen; das vermag ich mit Ihren
eignen Berichten aus den letzten drei Monaten nicht in Einklang