204 Sechsundzwanzigstes Kapitel: Intrigen.
Augenblick ganz davon ab, daß grade diese Reichsglocken-Elemente
mir die Erfüllung meiner Amtspflicht in einem meine Kräfte über-
schreitenden Maße erschweren. Ich spreche jetzt nur von dem
Schlag, der dadurch persönlich gegen mich hat geführt werden
sollen, daß dieser Mensch Sr. Majestät hat mit Erfolg empfohlen
werden können. Wenn ich dem gegenüber in meinem Schreiben
an Tiedemann sage, daß für meine Herrn Collegen ein zwingendes
Motiv zum Rücktritt in diesem Grunerschen Falle nicht liegt, so
erscheint mir meine Lage demselben gegenüber als eine wesentlich
andre.
Ich würde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie namentlich mit
Camphausen, Friedenthal und Falk in diesem Sinne vertraulich reden
wollten. Das Verhalten Wilmowskis gestaltet sich anders, als ich
erwartet hatte. Ich hatte bisher auf ihn als auf einen sichern
Bundesgenossen gegen die Schleinitzsche Camarilla gerechnet; seine
Thätigkeit in diesem Falle aber verstehe ich nicht recht. Er wird
mit Eulenburg und Leonhardt zusammen das Staatsministerium um
das Maß von Selbstachtung, von Consideration und schließlich auch
im Lande bringen, ohne welches sich in diesen schwierigen Lagen
am Hofe und im Lande die Staatsgeschäfte nicht führen lassen.
Gegen Eulenburg wird man sich nur so äußern können, wie es
wiedererzählt werden kann. Wie stellt sich eigentlich Hofmann zu
der Sache?
Mir scheint die Kur gut zu bekommen, doch markirt sich jeder
Rückschlag über ärgerliche Eindrücke in empfindlicher Weise und.
läßt mich voraussehn, daß mein Gesundheitszustand ein geschäfts-
fähiger schwerlich wieder werden wird. Vor der einfachen Be-
sorgung der Amtsgeschäfte würde ich nicht zurückschrecken; aber die
faux frais der Hofintrigen vermag ich nicht mehr in der Weise zu
tragen wie früher, vielleicht auch deshalb, weil sie an Umfang und
Wirkung in erschreckender Weise zugenommen haben. Diese eigent-
lichen Gründe meiner fortbestehenden Absicht, zurückzutreten, habe
ich vor drei Monaten verschwiegen, obschon es wesentlich dieselben