Popularität des Bündnisses in Oestreich. 245
haben. In Wien fand ich eine ähnliche Stimmung in den Straßen,
die Begrüßungen der dicht gedrängten Menge waren so zusammen-
hängend, daß ich, da ich in Civil war, in die unbequeme Noth-
wendigkeit gerieth, die Fahrt zum Gasthofe so gut wie mit bloßem
Kopfe zurückzulegen. Auch während der Tage, die ich in dem
Gasthofe zubrachte, konnte ich mich nicht am Fenster zeigen, ohne
freundliche Demonstrationen der dort Wartenden oder Vorübergehen-
den hervorzurufen. Diese Kundgebungen vermehrten sich, nachdem
der Kaiser Franz Joseph mir die Ehre erzeigt hatte, mich zu be-
suchen. Alle diese Erscheinungen waren der unzweideutige Aus-
druck des Wunsches der Bevölkerung der Hauptstadt und der durch-
reisten deutschen Provinzen, eine enge Freundschaft mit dem neuen
Deutschen Reiche als Signatur der Zukunft beider Großmächte sich
bilden zu sehn. Daß dieselben Sympathien im Deutschen Reiche,
im Süden noch mehr als im Norden, bei den Conservativen mehr
als bei der Opposition, im katholischen Westen mehr als im evan-
gelischen Osten, der Blutsverwandschaft entgegenkamen, war mir
nicht zweifelhaft. Die angeblich confessionellen Kämpfe des dreißig-
jährigen Krieges, die einfach politischen des siebenjährigen und
die diplomatischen Rivalitäten vom Tode Friedrichs des Großen
bis 1866 hatten das Gefühl dieser Verwandschaft nicht erstickt,
so sehr sonst der Deutsche auch geneigt ist, den Landsmann,
wenn ihm Gelegenheit dazu geboten wird, mit mehr Eifer zu
bekämpfen als den Ausländer. Es ist möglich, daß der slavische
Keil, durch den in Gestalt der Czechen die urdeutsche Bevölkerung
der östreichischen Stammlande von den nordwestlichen Landsleuten
getrennt ist, die Wirkungen, die nachbarliche Reibungen auf Deutsche
gleichen Stammes, aber verschiedener dynastischer Angehörigkeit,
auszuüben pflegen, abgeschwächt und das germanische Gefühl der
Deutsch-Oestreicher gekräftigt hat, das durch den Schutt, den
historische Kämpfe hinterlassen, wohl verdeckt, aber nicht erstickt
worden ist.
Ich fand bei dem Kaiser Franz Joseph eine sehr huldreiche