Briefe Wilhelms J. 301
Im Princip bin ich ganz einverstanden, daß dies geschehe, aber
die Ausführung ist eine sehr schwierige — Sie werden ja wissen,
daß die an sich sehr natürliche Bestimmung, die ich auf Ihren
Rath traf, daß mein Enkel W. in meiner Behinderung die laufenden
Erlasse des Civil= und Militär-Cabinets unterschreiben werde unter
der Ueberschrift „auf Allerhöchsten Befehl“ — daß diese Bestim-
mung den Kronprinzen sehr irritirt hat, als denke man in Berlin
bereits an seinen Ersatz! Bei ruhigerer Ueberlegung wird sich
mein Sohn wohl beruhigt haben. Schwieriger würde diese Ueber-
legung sein, wenn er erfährt, daß seinem Sohn nun noch größere
Einsicht in die Staatsgeschäfte gestattet wird und selbst ein Civil-
Adjutant gegeben wird — wie ich seinerzeit meine vortragenden.
Räthe bezeichnete. Damals lagen die Dinge jedoch ganz anders,
da ein Grund meinen Königlichen Vater veranlassen konnte, einen.
Stellvertreter des damaligen Kronprinzen zu bestellen, obgleich
meine Erbschaft an der Krone schon längst vorher zu sehen war
und unterblieb meine Einführung bis zu meinem 44. Jahre, als
mein Bruder mich sofort zum Mitglied des Staatsministeriums
ernannte mit Beilegung des Titels als Prinz von Preußen. Mit
dieser Stellung war also Zutheilung eines erfahrenen Geschäfts-
mannes nothwendig, um mich zur jedesmaligen Staats-Ministerial-
Sitzung vorzubereiten. Zugleich erhielt ich täglich die politischen.
Dépéchen, nachdem dieselben durch 4—5—6 Hände, den Siegeln
nach, gegangen waren! Für bloße Conversation, wie Sie es.
vorschlagen, einen Staatsmann meinem Enkel zuzutheilen, entbehrt.
also des Grundes einer Vorbereitung, wie bei mir, zu einem be-
stimmten Zweck u. würde bestimmt meinen Sohn von neuem
u. noch mehr irritiren, was durchaus unterbleiben muß. Ich schlage
Ihnen daher vor, daß die bisherige Art der Beschäftigung-
Erlernung der Behandlung der Staats-Orientirung beibehalten wird.
d. h. einzelnen Staats-Ministerien zugetheilt werde und vielleicht
auf zwei ausgedehnt werde, wie in diesem Winter, wo mein Enkel.
freiwillig den Besuch des Auswärtigen Amts ferner zu gestatten.