Verstimmung der Militärs. Französische Einmischung. 33
Nach der Schlacht von Königgrätz war die Situation der—
artig, daß ein Eingehn auf die erste Annäherung Oestreichs zu
Friedensunterhandlungen nicht nur möglich, sondern durch die Ein—
mischung Frankreichs geboten erschien. Letztre datirte von dem in
der Nacht vom 4. zum 5. Juli in Horricz X) eingetroffenen, an
Seine Moajestät gerichteten Telegramm, in welchem Louis Napoleon
dem Könige mittheilte, daß der Kaiser Franz Joseph ihm Venetien
abgetreten und seine Vermittlung angerufen habe. Der glänzende
Erfolg der Waffen des Königs nöthige Napoleon aus seiner bis-
herigen Zurückhaltung herauszutreten 1). Die Einmischung war her-
vorgerufen durch unsern Sieg, nachdem Napoleon bis dahin auf
unfre Niederlage und Hülfsbedürftigkeit gerechnet hatte. Wenn
unfsrerseits der Sieg von Königgrätz durch Eingreifen des Generals
v. Etzel und durch energische Verfolgung des geschlagnen Feindes
vermittelst unfrer intacten Cavallerie vollständig ausgenutzt worden
wäre, so würde wahrscheinlich die Sendung des Generals von Gab-
lenz in das preußische Hauptquartier schon zu dem Abschluß nicht
nur eines Waffenstillstandes, sondern auch der Basen des künftigen
Friedens geführt haben, bei der Mäßigung, welche unfrerseits und
damals auch noch bei dem Könige in Bezug auf die Bedingungen
des Friedens vorwaltete, eine Mäßigung, die damals von Oestreich
doch schon mehr als nützlich beanspruchte, und uns als künftige
Genossen alle bisherigen Bundesglieder, aber alle verkleinert und
verletzt, gelassen hätte. Auf meinen Antrag antwortete Seine Majestät
dem Kaiser Napoleon dilatorisch, aber doch mit Ablehnung jedes
Waffenstillstandes ohne Friedensbürgschaften.
Ich fragte später in Nikolsburg den General von Moltke,
was er thun würde, wenn Frankreich militärisch eingriffe. Seine
Antwort war: Eine defensive Haltung gegen Oestreich, mit Be-
:2) So schreibt der Generalstab, gesprochen wird es Horsitz.
1) S. den Text bei L. Schneider a. a. O. 1 253 f.
Otto Fürst von Bismarck, Gedonken und Erinnerungen. II. 3