38 Zwanzigstes Kapitel: Nikolsburg.
östreichischen folgen werde, lag in der historischen Consequenz,
selbst dann, wenn wir dem Kaiser Napoleon die kleinen Spesen,
die er für seine Neutralität von uns erwartete, hätten bewilligen
können. Auch nach russischer Seite hin konnte man zweifeln, welche
Wirkung eintreten werde, wenn man sich dort klar machte, welche
Erstarkung für uns in der nationalen Entwicklung Deutschlands
lag. Wie sich die spätern Kriege um die Behauptung des Gewon-
nenen gestalten würden, war nicht vorauszusehn; in allen Fällen
aber war es von hoher Wichtigkeit, ob die Stimmung, die wir bei
unsern Gegnern hinterließen, unversöhnlich, die Wunden, die wir
ihnen und ihrem Selbstgefühl geschlagen, unheilbar sein würden.
In dieser Erwägung lag für mich ein politischer Grund, einen
triumphirenden Einzug in Wien, nach Napoleonischer Art, eher zu
verhüten als herbeizuführen. In Lagen, wie die unfrige damals
war, ist es politisch geboten, sich nach einem Siege nicht zu fragen,
wie viel man dem Gegner abdrücken kann, sondern nur zu er-
streben, was politisches Bedürfniß ist. Die Verstimmung, die
mein Verhalten mir in militärischen Kreisen eintrug, habe ich als
die Wirkung einer militärischen Ressortpolitik betrachtet, der ich
den entscheidenden Einfluß auf die Staatspolitik und deren Zukunft
nicht einräumen konnte.
III.
Als es darauf ankam, zu dem Telegramm Napoleons vom
4. Juli Stellung zu nehmen, hatte der König die Friedens—
bedingungen so skizzirt: Bundesreform unter preußischer Leitung,
Erwerb Schleswig-Holsteins, Oestreichisch-Schlesiens, eines böhmi-
schen Grenzstrichs, Ostfrieslands, Ersetzung der feindlichen Sou-
veräne von Hanover, Kurhessen, Meiningen, Nassau durch ihre
Thronfolger. Später traten andre Wünsche hervor, die theils in
dem Könige selbst entstanden, theils durch äußere Einflüsse erzeugt