Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

Uebersetzung der fremdsprachigen Stücke aus dem „Wegweiser“. 223 
eine feindselige Sprache gegen die benachbarten Länder führt, um 
aus jedem schlimmen Conflict für ihre Umsturzpläne Nutzen zu 
ziehen. Wenn diese revolutionären Pläne durch ihren Druck dahin 
führen könnten, die Regierung in ihren politischen Plänen fortzu- 
reißen oder bloßzustellen, so würde man, ich kann es Dir nicht 
verhehlen, mein lieber Neffe, in den benachbarten Ländern einem 
gemeinschaftlichen Widerstande begegnen. Die drohende Sprache 
in Verbindung mit der so auffälligen Verstärkung Deines Heeres 
nach den Erfolgen eines ruhmreichen Krieges, der den Frieden 
sichern zu sollen schien, hält Europa in Unsicherheit, während 
ein fester Ausdruck Deiner friedlichen Gesinnung die Beunruhigungen 
stillen und die Geister auf den richtigen Weg zurückführen könnte. 
Es lag mir, mein lieber Neffe, am Herzen, Dir das mit 
der Offenheit und dem Vertrauen zu sagen, das Du an mir 
kennst; aber ich muß dazu noch ein ganz persönliches Bedauern 
hinzufügen mit Bezug auf das ärgerliche Zusammentreffen unserer 
freundschaftlichen Zusammenkunft mit den Schritten, die durch die 
unvorhergesehene Entlassung des Grafen Andrassy und die frag- 
lichen Umstände beschleunigt worden sind. 
Du weißt, daß ich die große Genugthuung gehabt habe, die 
Kaiserin wieder zu sehen und ihr mündlich meine heißen Wünsche 
für ihre Gesundheit ausdrücken zu können, die ich, Gott sei Dank, 
besser gefunden habe, als ich vermuthete. Wilhelm. 
Livadia, den 2./14. November 1879. 
Mein lieber Oheim und Freund, 
Ich kann Dir für Deinen Brief vom 4. November, der mir 
soeben zugekommen ist, nicht genug danken. Indem Du den Text 
der in Wien unterzeichneten Denkschrift beischlossest, hast Du mir 
einen neuen Beweis Deiner herzlichen Offenheit gegeben und das 
Bedürfniß meines Herzens vorherempfunden, aus unseren Be- 
ziehungen auch den geringsten Schein des Zweifels zu beseitigen. 
Es ist sicher, daß die Reise des Fürsten Bismarck nach Wien, 
der der Abschluß des vorerwähnten Vertrags folgte, einigermaßen 
als Gegengewicht unserer Zusammenkunft in Alexandrowo zu dienen 
schien und nur einen peinlichen Eindruck hervorrufen konnte, der
	        
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