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156.
Berlin 2 Mai 1866.
Eurer Mgcjestät
1866 lege ich die aus Wien soeben eingegangne telegraphische Mit-
2.5. theilung ehrfurchtsvoll vor. Sie gewährt keine Aussicht, daß
Oestreich entwaffnen werde, wohl aber, daß es uns noch einige
Tage zur Vervollständigung seiner Rüstungen hinhalten will,
bevor es einen andern Ton gegen Eure Mozjestät anschlägt,
gestützt auf einen Vorsprung, den wir nicht mehr einholen
können.
Von der Börse wird mir heut mitgetheilt, daß Finanz-
maßregeln verderblicher Art (Zwangsanleihe ?) in Wien beab-
sichtigt werden, und daß die hiesige Kaufmannschaft einschließlich
der Aeltesten! die Unthätigkeit der Königlichen Regirung den
uns überflügelnden Rüstungen Oestreichs gegenüber unbegreif-
lich und für das Land im höchsten Grade beunruhigend und ge-
fährlich findet. Dieses Gefühl welches Eurer Majestät Minister
nicht erst seit heut beherrscht, ist das allgemeine in der Stadt
geworden, seit die, der Regirung schon früher bekannten That-
sachen in das Publikum gedrungen sind. Die Ausbrüche des-
selben, falls sich, was Gott verhüte, herausstellen sollte, daß der
Schutz des Landes thatsächlich schon versäumt ist, werden ohne
Zweifel sehr lebhafte sein. v. Bismarck.
Randbemerkung des Königs:
General Mutius meldet, daß bestimmt 12000 M. zwischen
Troppau und Jägerndorff also unmittelbar an der Grenze
stehen. Dies, mit Werthers Télégramm zusammen, zeigt, daß
der letzte Moment für uns gekommen ist, um große Rüstungen
anzuordnen, was also um 3 Uhr zu berathen ist. Haben Sie
meinen Sohn avertirt? Er ist zum Exerciren hier.
W. 366.
½1 Uhr Nachts.