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1872 heut schon ist, bezweifle ich. Aus den Kreisen derselben Reichs-
12.5. tags-Abgeordneten, welche der Hofprediger Hoffmann namhaft
macht, habe ich Eindrücke erhalten, bei welchen die Verwunde-
rung über die Hoffmannschen Eröffnungen vorwiegend war.
Die Abgeordneten hatten den Glauben, daß Hoffmann sie mit
Wissen und Willen Eurer Majestät sondiren lasse, und zogen
sich hinter die Nothwendigkeit einer Regirungsvorlage zurück,
nicht bloß Simson. Es ist eben nur eine höfliche Form der
Verneinung, da die Anregung nach der constitutionellen Praxis
sehr wohl vom Reichstag ausgehn kann und nach ihrer zarten
Natur nur von dort ausgehn sollte. Es giebt dafür die Wege
der Petition, der Resolution u. a., bei denen die Initiative
der Regirungen für eine Ausgabe formell gewahrt bleibt.
Das Drängen der Volksvertretung auf Gehaltserhöhungen und
Vermehrung fachlicher Ausgaben in Fächern des Kultus-, des
Justiz= und des Handelsministeriums liefert in jedem Jahre
zahlreiche Beispiele davon. Eine Anregung von der Regi-
rungsseite kann immer schließlich nur in der Form stattfinden,
daß der Reichskanzler im Namen des Bundesraths und mit
Curer Majestät ausdrücklicher Genehmigung dem Reichstag
einen Antrag vorlegt. Ob im Bundesrath die erste Anregung
von Preußen oder von Bayern ausgeht, hat auf die schließ-
liche Gestaltung der Form der Vorlage keinen Einfluß. Von
allen Bundesgenossen Eurer Majestät würde ich grade den
König von Bayern am wenigsten um einen Dienst in dieser
Sache anzugehn rathsam finden. König Ludwig ist in seinem
Haushalte dergestalt derangirt, daß die eingegangenen Ver-
pflichtungen seit Jahren nur mit großer Schwierigkeit gedeckt
werden. Es war gehofft worden, daß die französische Con-
tribution und die Herstellung des Deutschen Reiches Mittel
und Wege zu einem Arrangement bieten würden. Es ließ sich
das aber nicht verwirklichen. Die Zumuthung in eigner großer
Bedrängniß für eine bei der Majorität der Bayern unpopuläre