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pflichtwidrig auf das Gewissen gefallen. Ich fürchte, daß alle 1878
feindlichen Blätter die Thatsache sehr ausbeuten und entstellen 20.2.
werden, daß die italiänischen Minister nach Berlin kommen, und
weder den Kanzler noch den Preußischen Minister-Präsidenten
dort finden; man wird daraus unrichtige und unerwünschte
Schlüsse ziehn. Zur Strafe für meine beabsichtigte diplomatische
Sünde bin ich nun aber wirklich ziemlich unwohl von der sil-
bernen Hochzeit meines Bruders, auf der ich den großen Kreis
früherer Bekanntschaften zu erneuern hatte, hierher zurückgekehrt.
Ich hoffe des schmerzhaften Gelenk-Rheumatismus soweit Herr
zu werden, daß ich am Montag oder Dienstag reisen kann, um
doch den politischen guten Willen zu documentiren, wenn ich,
auch ein unbrauchbarer Festgast bleibe.
Von den 3 Punkten, welche Eurer Majestät gnädiges
Schreiben hervorhebt, hatte ich den bedeutendsten, die Behand-
lung etwaiger Bündniß-Anträge, schon gestern in einem Pro-
memoria besprochen, welches ich mir erlauben wollte Eurer Maje-
stät einzureichen, und hier ehrfurchtsvoll beifüge. In den kirch-
lichen Verhältnissen ergiebt sich von selbst, daß Eure Majestät.
als evangelischer Christ den päpstlichen Ansprüchen auf weltlichem
Einfluß und auf Unterdrückung des Evangeliums noch strenger
gegenüberstehn als ein katholischer Herrscher, und Verlegenheit
entsteht in dieser Beziehung nur für Letzteren. Die Enthül-
lungen von La Marmora enthalten, soweit ich sie kenne, ver-
letzende Insinuationen gegen Eure Majestät nicht; ich kenne
zwar nur, was die Spenersche Zeitung davon gebracht hat,
danach wird meine persönliche Politik in ein sehr ungünstiges
Licht gestellt, der Eindruck der deutschen Politik Eurer Mcjestät
in Wahrung der Unantastbarkeit deutschen Gebietes kommt
durch dieß Zeugniß von feindlicher Feder zur vollen Anschauung.
Damit wird die damalige Situation auch richtig gezeichnet,
denn ich konnte ja die napoleonische Politik nur dadurch hin-
halten, daß ich Benedetti und den Italiänern, die vor Napoleon