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läufiges Zerfallen des Zollvereins wir in die unbezahlbare 1852
Lage kämen, unsern Tarif nach unserm Gutdünken zu regeln. 14.6.
Das schien ihn sehr zu verdrießen, denn diese Position ist aller-
dings unangreifbar, daß selbst die Diplomatie dagegen nichts
ausrichten kann. Unsere letzte Erklärung vom 7. Juni) hat in
ganz Deutschland Enthusiasmus erregt, und man dringt jetzt
nur darauf, daß wir eine kurze Frist zur Annahme unserer
Bafis oder zum Abbrechen setzen sollen. Damit glaube ich nun
noch einige Wochen warten zu sollen. Ueberdieß gehen die Be-
rathungen in der Conferenz ihren Weg, man wird in etwa
14 Tagen, mit dem hannöverschen Vertrage in 8 Wochen ganz
fertig sein. Ich bitte nun, daß Ew. Hochwohlgeboren, nachdem Sie
einmal die Initiative genommen haben, jetzt das Verhandeln nicht
zu sehr suchen, sondern nach Constatirung Ihrer Willfährigkeit
es Ihrer Seits an sich kommen lassen. Herrn v. Buol bitte
ich auf die neuesten Artikel des „Constitutionnel“ aufmerksam zu
machen, wo die Darmstädter"“) gelobt werden wegen ihrer
Hinneigung zu Frankreich.
Sollte Ihnen die Zeit zu lang werden, so können Sie
auch einmal fortreisen, doch wird dieß wohl nicht vor der Rück-
kehr des Kaisers geschehen können. Herr v. Werthern?"“) hat
um Urlaub gebeten; soll ich ihn ertheilen? Noch einige Personal-
Bemerkungen. Eine höchst wichtige Person ist Herr Grünnef#);
ich habe ihn immer als Preußen hier bezeichnen hören; nach
Ihren Mittheilungen müßte eine Wandlung mit ihm vorgegangen
sein. Er hat großen Einfluß auf den Kaiser, ist klug, verschlossen,
*) Daß Preußen die Verhandlung über den Zolleinigungsvertrag
mit Oesterreich unbedingt ablehne und erst nach gesicherter Erneuerung
des Zollvereins mit Oesterreich wegen eines Handelsvertrags unter-
handeln werde, W. Weber a. a. O. 314.
*7) S. o. S. 59.
*“)Legationssecretär bei der Preußischen Gesandtschaft in Wien.
+) Feldmarschall-Lieutenant und Generaladjutant des Kaisers von
Oesterreich.