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1852 gegeben werden soll, ist in München formulirt worden; sie hat
25. 6. den hiesigen Zollvereins Bevollmächtigten der Darmstädter
Coalition vorgelegen, von diesen hat sie indeß Keiner den
Preußischen Commissaren, die ihnen immer mit großer Offen-
heit entgegenkamen, mitgetheilt, wohl aber sind sie mit Herrn
v. Prokesch besprochen worden. Die Zoll Bevollmächtigten
haben übrigens gegen die Fassung jener Erklärung remonstrirt,
da sie ihnen zu scharf schien und man immer mehr zu der
Ueberzeugung gelange, daß man hier doch Ernst mache. Herr
von Könneritz"), der kürzlich in Hannover gewesen, sagte mir
unaufgefordert, er komme von dort mit der Ueberzeugung
zurück, daß man in Hannover nicht an die Möglichkeit eines
Rücktritts vom September-Vertrage denke, und er werde dies
auch in Dresden sagen. So ehrlich also auch Schele sein mag,
so ist es doch wohl möglich, daß er aus Liebe zum Frieden
ein doppeltes Gesicht und zwar nach beiden Seiten hin ein be-
denkliches zeigt. Nach meinen Nachrichten aus Hannover geht
es dort recht schwach; in den Kammern sind die Demokraten
geradezu die Herrschenden und das Ministerium duldet dieß,
so daß je nachgiebiger man jetzt ist, doch zuletzt der coup d'état
von diesen oder andern Händen wahrscheinlich durch den Bundes-
tag ausgeführt bevorsteht. Aus Darmstadt habe ich auch
Symptome großer Bedenklichkeit vor den Folgen der Coalition.
In Summo scheint es mir, daß die Sache jetzt dergestalt auf
der Spitze steht, daß es auf Momente des längern Ausharrens
ankommt. Deshalb habe ich Ew. Hochwohlgeboren auch das
bewußte Nein') gesandt. Das hindert nicht, daß Sie in der
Form so freundlich und eingehend als möglich sind, aber in
der Sache allen festen Engagements, auch eigentlichen Ver-
*) Kal. Sächsischer Gesandter in Wien.
“) Die Depesche, die nur aus dem Worte Nein besteht, ist erhalten:
vgl. Bismarcks Brief vom 23. Juni 1852 an die Gattin, S. 345 f. (Aus-
gabe der Briefe von Fürst H. Bismarckr.