46.
Graf Platen an Bismarck.
Verehrtester Freund und Gönner,
Kurz nach Ihrer Abreise habe ich mich zum Grafen Buol EMN
begeben, um von ihm zu erfahren, warum er mit Ihnen 8
über meinen Vermittelungsvorschlag zu reden vermieden hat.
Graf Buol theilte mir mit großer Offenheit die Motive mit, welche
ihn von einem weiteren Eingehen in die Zoll= und Handels-
einigungsfrage abgehalten haben. Zuvörderst bemerkte er, wie
er jede Verhandlung ohne Zuziehung der Darmstädter Coalition
sorgfältig vermeiden müsse, um dieser nicht ombrage zu geben.
Sodann glaubte er bestimmte Anträge von Seiten der Preußi-
schen Regierung abwarten zu müssen, ehe er sich auf irgend
eine Art von Besprechung einlassen könne. Ich stellte ihm
hierauf die positive Frage, ob er meinen Vermittelungs-Vor-
schlag, falls er in Form von Anträgen von der Preußischen
Regierung hiehergebracht würde, für geeignet halte als Basis
zu demnächstigen Verhandlungen zu dienen. Er erwiederte mir
hierauf, wie er seiner persönlichen Ansicht nach eine Ver-
ständigung auf dieser Basis für möglich halte, vorausgesetzt
jedoch, daß die Coalitionsstaaten mit zu den Verhandlungen
gezogen würden. Ich schlug ihm darauf folgenden Weg vor:
Ich sei bereit, meinen Vermittelungs-Vorschlag den hier
accreditirten Repräsentanten der Coalitionsstaaten mit der
Bitte mitzutheilen, in Bezug auf denselben Instructionen von
ihren respectiven Höfen einzuholen. Zugleich wolle ich Sie
ersuchen, den Vermittelungsvorschlag Ihrer Regierung unter-
zubreiten und mit den nöthigen Instructionen hieher zurück-
zukehren, worauf denn diese Frage mit den hiesigen betreffenden
Repräsentanten besprochen und zum Abschluß gebracht werden
könne. Graf Buol äußerte sich mit diesem Wege vollkommen
Aus Bismarcke Briefwechsel. 6