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1858 politischen Lage Württembergs voraussetzen darf, und habe ich
30.5. Grund anzunehmen, daß er seinen Einfluß auf seine Instruc-
tionen und seine Thätigkeit, soweit sie von letzteren unab-
hängig ist, prinzipiell zum Nachtheil Preußens geltend macht.
In der Discussion über die Kettenburgsche Frage glaube
ich sogar annehmen zu müssen, daß er auf eigne Verantwortung
ein Verhalten beobachtet, von dem er nicht wünschen kann, daß
es zur persönlichen Kenntniß Seiner Majestät des Königs von
Württemberg kommt').
In seinem Benehmen gegen mich persönlich liegt nichts,
was auf eine derartige Gesinnung zu schließen berechtigen
würde, und nur selten kommt in der Discussion ein Moment,
in welchem, gemäßigt durch eine gewisse Furchtsamkeit die ver-
hehlte Bitterkeit gegen Preußen durchbricht. Beiläufig bemerkt
ist er derjenige, der zu den Sitzungen stets als Letzter und zu
spät erscheint und in denselben durch Mangel an Aufmerk-
samkeit und demnächstiges mißverständliches Eingreifen in
die Discussion zu vielen zeitraubenden Wiederholungen An-
laß giebt.
Der Badische Gesandte, Freiherr von Marschall, ist nicht
ohne Verstand und geschäftliche Brauchbarkeit; im übrigen aber
eine subalterne Natur, die sorgfältig bemüht ist, die Verant-
wortung für ein selbständiges Urtheil von sich abzuwenden und
in der unzweifelhaftesten Sache einen mittleren Standpunkt zu
finden, von welchem aus es möglich wäre, beiden Theilen Recht
oder doch keinem Unrecht zu geben; muß es aber sein, so neigt
auch er, sei es aus verwandschaftlichen Rücksichten seiner
Familienglieder in östreichischen Diensten, sei es wegen stärkerer
Scheu seiner Regirung vor Wien als vor Berlin mehr auf
die Seite Oestreichs als auf die unfre. Eine Unterstützung
*) Vgl. dazu Bismarcks Bericht vom 29. Mai 1853, Preußen im
Bundestag 1, No. 184 S. 251 f.