Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

— 150 — 
1854 archischen Parthei im Lande nicht den Anklang gefunden haben, 
28. 1. den sie gehofft, scheint mir diese ruhig abwartende Stellung 
die günstigste, welche die Badische Regierung haben kann. Sie 
wird ihren Gegnern am besten dadurch imponiren, daß sie 
zeigt, sie könne es an sich kommen lassen; während jede Be- 
eiferung ihrerseits zur Beilegung des Streits ihr als Schwäche 
wird gedeutet werden, wodurch sie den Gegnern einen großen 
Vortheil in die Hand geben wird. Sie sollte das feste Selbst- 
vertrauen, durch welches allerdings eine solche abwartende 
Stellung allein haltbar wird, um so weniger verlieren, als sie 
einerseits eine moralisch feste Stellung inne hat, andererseits 
der Besitz der materiellen Macht in den Händen der Regierung 
immer eine Waffe und ein Vortheil ist, deren Werth die 
Gegner wohl zu würdigen verstehen. 
Es wird noch immer in ihren Händen liegen, entweder 
bei dem alsdann nicht unwahrscheinlichen Entgegentreten der 
Gegner einen günstigen Augenblick zur Unterhandlung zu wählen 
(wobei sie immer im Vortheil sein wird, wenn die Gegner, 
nicht sie, die Unterhandlung wünschen und erbitten) oder ohne 
weitere Unterhandlung auf dem Wege einer consequenten und 
besonnenen inneren Gesetzgebung die Verhältnisse zu ordnen 
und die Grenzen abzustecken, welche das Verhältniß des Staats 
zur Kirche bezeichnen. 
Wenn man erwägt, wie wenig nach der prinzipiellen 
Römischen Auffassung zu hoffen ist, auf dem Wege der Unter- 
handlung von Rom jemals Zugeständnisse in Betreff der jura 
circa sacra zu erlangen, wie geschickt aber Rom sich dem als 
unabänderlich erkannten festen Willen in der Praxis anzu- 
bequemen weiß, so möchte sich der letztere Weg wohl in vieler 
Beziehung empfehlen. Es würde dabei allerdings sehr darauf 
ankommen, das Wesentliche und das Unwesentliche zu sondern 
und bei einer aufrichtigen Liberalität der Kirche gegenüber doch 
zugleich mit großer Festigkeit und Klarheit an dem Bedürfniß
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.