Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

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Opfer, welche sie dadurch dem Lande auferlegen würde, und die 
speziellen Interessen Preußens, welche auf dem Spiele stehn, sorg- 
fältig und gewissenhaft gegen einander abwägen zu sollen. Wir 
müssen uns sagen, daß Preußen vermöge seiner geographischen und 
politischen Lage nicht in gleichem Maße wie andre Staaten be- 
fähigt und berufen ist, zum Schutze der Integrität des türkischen. 
Reiches handelnd in einen Streit einzugreifen, dessen ursprüng- 
lichen Gegenstand nicht die Interessen unfres Vaterlandes, son- 
dern die Privilegien und der Einfluß bilden, welche andre 
Mächte in den Ländern der Pforte in Anspruch nehmen. Wenn 
wir aus diesen Umständen das Recht ableiten, uns zu thatsäch- 
lichem Eingreifen in den Kampf nicht in erster Linie verpflichtet 
zu finden, so kann es dem landesväterlichen Herzen Sr. Majestät 
des Königs nur wohlthun, für Preußen die Segnungen des 
Friedens noch länger zu erhalten, als es den unmittelbarer be- 
theiligten Mächten ihrerseits thunlich erscheint. In diesem Sinne 
ist S. Majestät der König entschlossen, dem Preußischen Volke die 
von einem Kriege unzertrennlichen Opfer nur dann anzusinnen, 
wenn die wahren und eigenthümlichen Interessen des Landes, 
unter denen die Ehre und die Unabhängigkeit Preußens oben- 
anstehn, einen solchen Entschluß gebieterisch fordern. Wir ver- 
lassen damit nicht den Boden der Wiener Protokolle und die 
Stellung, welche wir durch die Erklärungen der Regirung 
Sr. Mmajestät auf demselben eingenommen haben; wenn die Her- 
beiführung und Erhaltung des Friedens der wesentliche Zweck 
der Wiener Conferenzen war, so werden wir mit demselben 
nicht in Widerspruch treten, wenn wir erneuten Anbahnungen 
friedlicher Bestrebungen, so lange es unfre besondern Verhält- 
nisse erlauben, auch dann noch eine Stätte bewahren, wenn 
andre Staaten durch ihre von der unfrigen verschiedne Lage 
sich veranlaßt sehn zu den Waffen zu greifen. Wie wir für 
unser Verhalten bei gerechter und unbefangner Würdigung der 
Verhältnisse auf die Zustimmung der auswärtigen Mächte 
1854
	        
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