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Opfer, welche sie dadurch dem Lande auferlegen würde, und die
speziellen Interessen Preußens, welche auf dem Spiele stehn, sorg-
fältig und gewissenhaft gegen einander abwägen zu sollen. Wir
müssen uns sagen, daß Preußen vermöge seiner geographischen und
politischen Lage nicht in gleichem Maße wie andre Staaten be-
fähigt und berufen ist, zum Schutze der Integrität des türkischen.
Reiches handelnd in einen Streit einzugreifen, dessen ursprüng-
lichen Gegenstand nicht die Interessen unfres Vaterlandes, son-
dern die Privilegien und der Einfluß bilden, welche andre
Mächte in den Ländern der Pforte in Anspruch nehmen. Wenn
wir aus diesen Umständen das Recht ableiten, uns zu thatsäch-
lichem Eingreifen in den Kampf nicht in erster Linie verpflichtet
zu finden, so kann es dem landesväterlichen Herzen Sr. Majestät
des Königs nur wohlthun, für Preußen die Segnungen des
Friedens noch länger zu erhalten, als es den unmittelbarer be-
theiligten Mächten ihrerseits thunlich erscheint. In diesem Sinne
ist S. Majestät der König entschlossen, dem Preußischen Volke die
von einem Kriege unzertrennlichen Opfer nur dann anzusinnen,
wenn die wahren und eigenthümlichen Interessen des Landes,
unter denen die Ehre und die Unabhängigkeit Preußens oben-
anstehn, einen solchen Entschluß gebieterisch fordern. Wir ver-
lassen damit nicht den Boden der Wiener Protokolle und die
Stellung, welche wir durch die Erklärungen der Regirung
Sr. Mmajestät auf demselben eingenommen haben; wenn die Her-
beiführung und Erhaltung des Friedens der wesentliche Zweck
der Wiener Conferenzen war, so werden wir mit demselben
nicht in Widerspruch treten, wenn wir erneuten Anbahnungen
friedlicher Bestrebungen, so lange es unfre besondern Verhält-
nisse erlauben, auch dann noch eine Stätte bewahren, wenn
andre Staaten durch ihre von der unfrigen verschiedne Lage
sich veranlaßt sehn zu den Waffen zu greifen. Wie wir für
unser Verhalten bei gerechter und unbefangner Würdigung der
Verhältnisse auf die Zustimmung der auswärtigen Mächte
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