Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

1854 
7 3. 
79. 
Entwurf zu einer Ansprache an die Kammern?. 
Meine Herren, 
Die politischen Verhältnisse in Europa gestalten sich mehr 
und mehr in so drohender Weise, daß es die ernste Pflicht der 
Regierung Sr. Majestät ist, die herannahenden Gefahren fest 
ins Auge zu fassen und die Mittel in Erwägung zu ziehen, 
welche zur Abwehr derselben von unserem Vaterlande anzu- 
wenden sind. 
Der Russisch-Türkische Streit hat von Anfang an die Auf- 
merksamkeit des Cabinets seiner ganzen Bedeutung nach in 
Anspruch genommen. Die Regierung war sich dabei doppelter 
Pflichten bewußt, welche einer Seits aus der Stellung unseres 
Staates als Europäischer Macht, anderer Seits aus den speciellen 
Verhältnissen Preußens und Deutschlands herzuleiten sind. 
In ersterer Beziehung glaubte die Regierung zunächst die 
ihr zukommende Stelle dadurch wahren zu müssen, daß sie die 
vollständige Freiheit ihrer Entschließungen und Handlungen sich 
vorbehielt, Alles zurückwies, was sie in dieser Freiheit hemmen 
konnte. Als demnächst in Wien eine Conferenz sich bildete, 
welche sich die Aufgabe stellte, jenen unseligen Streit, den das 
Russische Cabinet als eine nur die Pforte und Rußland be- 
treffende Sache behandelt sehen wollte, zum Austrag zu bringen, 
hat Preußen keinen Anstand genommen, sich bei diesen Be- 
rathungen zu betheiligen und mit seiner rechtlichen Ansicht von 
der Sache nicht zurückgehalten. Die Regierung ist sich der 
darüber zeugenden (7) Protokolle und der daraus folgenden 
Consequenzen vollkommen bewußt. 
Dieselbe hat aber — und hier tritt die zweite Seite der 
*) Von Manteuffels Hand.
	        
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