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87.
Otto v. Manteuffel an Bismarck.
Ew. Hochwohlgeboren
danke ich ergebenst für das geehrte Schreiben vom 17. d. M. 1854
Es thut mir leid, daß meine Zeit mir nicht erlaubt, auf Ihre 22.6.
politischen Raisonnements erschöpfend einzugehen. Ich finde
darin Vieles richtig und Alles interessant; in manchen Punkten
aber differire ich. Mir scheint es, daß man sich, um eine rechte
und allein Preußische Politik zu machen, vor allen Dingen aller
tendenziösen Auffassungen und Bestrebungen enthalten und den
Ereignissen recht unbefangen gegenübertreten muß, und dieß
um so mehr, je weniger bei uns die Elemente einer auf Er-
weiterung gerichteten Politik vorhanden sind und es sonach
mehr darauf ankommt, glücklich und ehrenvoll durchzukommen
als Erwerbungen zu machen. Daß zu letzteren eine außer-
ordentlich günstige Gelegenheit vorhanden wäre, wenn man,
mit Entschiedenheit auf die eine oder die andere Seite tretend,
in den Kampf sich einmischte, ist mir sehr klar, und ich kann
wohl sagen, daß ich nicht ohne Schmerz und Widerstreben diese
Trauben für saure erkläre. Vergegenwärtigt man sich nun
bloß die Thatsachen der nächsten Vergangenheit, ganz abgesehen
von dem weiter zurückliegenden aber doch unläugbaren Um-
stande, daß der Kaiser Nicolas diese höchst traurige Geschichte
allen Warnungen (auch den meinigen, schriftlichen wie münd-
lichen) ungeachtet heraufbeschworen hat, so darf man nicht ver-
gessen, daß Se. Majestät aus eigener Bewegung Oesterreich
ein Schutz= und Trutzbündniß angetragen und sehr erfreut ge-
wesen ist, dasselbe dort angenommen zu sehen. Daß bei den
dießfälligen Verhandlungen Oesterreich den Schutz und Trutz
sich zu stipuliren trachtet und zur Bedingung des Abschlusses
macht, wo es dieses Schutzes und dieses Trutzes bedarf, kann