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sie erhalten haben. Aber Verlaß ist auf diese Herren alle= 1854
sammt nicht, was schon daraus hervorgeht, daß sie fortwährend 22.6.
auf die Bundes-Verfassung, also auf die Zwangsjacke provo-
ciren, die man uns anlegen wollte, die wir aber leise abzustreifen
alle Veranlassung haben. Will Oesterreich uns dabei helfen,
so wollen wir das dankbar acceptiren. Die Bamberger Herren
haben, wie mir scheint, nicht klug operirt. In vielen Punkten
bin ich der Sache nach mit ihnen einverstanden, aber sie mußten
erst accediren und dann ihre Ansichten — am besten durch
Preußen geltend machen. Dadurch, daß sie erst auf die)
Bundes-Verfassung pochen und dann darin eine Trias bilden
und große Politik auf eigne Hand machen wollen, haben sie
ihr Spiel nicht nur vor der Zeit aufgedeckt, sondern demselben
auch von Hause aus eine verkehrte Richtung gegeben. Ob
die Presse das so wie anderes hätte sagen oder verschweigen
sollen, lasse ich dahin gestellt, ich habe mich darum wenig be-
kümmert, aber etwas Discreditirung dieser Herren kann immer
nicht schaden.
Doch genug von diesem Thema, welches ich doch hier nicht
erschöpfen kann.
Die Nachrichten vom Kriegs-Schauplatze sind fortwährend
für die Russischen Waffen sehr ungünstig. Die Russen haben
Turnu, Mugurelli und Semnitza geräumt und sind aus Turtukai
geworfen. Die Entsatztruppen rücken mehr und mehr an
Silistria heran. Die verwundeten Generale Gortschakoff und
Lüders sollen sich leidlich befinden, aber Schilder in Lebens-
Gefahr sein.
Se. Majestät haben auf der Preußischen Reise durch
Graf Münster?*") vom Kaiser einen höchst erzürnten Brief,
der namentlich gegen Oesterreich von Vorwürfen überströmt,
erhalten.
*) Orig.: der.
*“) Preußischer Militärbevollmächtigter am russischen Hofe.