Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

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1854 Ich habe schon vor einigen Tagen durch den Regirungs- 
27.6. Rath Q. eine Anfrage an die Central-Preßstelle richten lassen, 
ob dort von einem durch die in Bamberg vertretnen Juristen 
verabredeten Congreß Etwas bekannt sei; ich habe nunmehr 
mit Sicherheit darüber Folgendes erfahren, was Ew. Excellenz 
vielleicht schon durch anderweite Mittheilungen bestätigt finden. 
Die in Bamberg versammelten Minister haben vor dem Aus- 
einandergehn die Verabredung getroffen, nach Eingang der 
Rückäußerung von Preußen und Oestreich und im Falle diese 
sich nicht durch ein einfaches Ja oder Nein auf telegraphischem 
Wege beantworten ließe, sich von Neuem zu versammeln und 
zwar hier in Frankfurt. Dieser Zeitpunkt wäre nun jetzt aller- 
dings eingetreten, indeß hat man auf die Ausführung des 
Planes verzichtet, weil man nachgerade die Ueberzeugung ge- 
wonnen hat, in Bamberg sein Ziel überschossen zu haben. Man 
ist dort augenscheinlich nicht darauf gefaßt gewesen, in Berlin 
sowenig Anklang zu finden und von Wien so entschieden zurück- 
gewiesen zu werden. Sowohl hierdurch, als durch die laute 
Manifestation der öffentlichen Meinung ist man von dem durch 
die lange Friedenszeit geförderten Souverainetätsschwindel zu 
größerer Nüchternheit gelangt; mehre der betheiligten Staaten, 
insbesondre Baden und Nassau und — wie ich annehmen 
darf — auch Hanover und Kurhessen, haben unaufgefordert 
erklärt, sich an der verabredeten Frankfurter Conferenz nicht 
betheiligen zu wollen. Ueberhaupt scheint entschiedne Uneinigkeit 
im Lager der Mittelstaaten zu herrschen, und von Seiten aller 
Uebrigen hört man Vorwürfe gegen die Leidenschaftlichkeit und 
Selbstüberschätzung der Herrn von Beust und von der Pfordten, 
durch welche man sich in Bamberg habe verleiten lassen, in 
die Materie der Europäischen Politik selbst einzugehn, anstatt 
die Entscheidung über die Anschlußfrage lediglich der Bundes- 
versammlung zuzuschieben. 
Aus guter Quelle höre ich außerdem, daß man in Bam-
	        
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