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1854 unsern Wunsch, die Russische Antwort nicht der Beschluß-
23.7. fassung der Conferenz zu unterbreiten, eingegangen, allein die
Note, mit welcher die Russische Antwort nach Paris und London
mitgetheilt wird), ist von der Art, daß man die zurückweisende
Antwort der Seemächte unschwer vorher sieht, und die Depesche,
welche uns und unsere vertragsmäßigen Verpflichtungen be-
trifft, ist ziemlich scharf geschrieben. Von allen diesen Dingen
erhalten Ew. Hochwohlgeboren Abschriften, nur ist heute die
Zeit zu deren Anfertigung nicht vorhanden.
In der Anlage sende ich Euer Hochwohlgeboren Abschrift
eines heute hier eingegangenen Immediat-Berichts des Grafen
Alvensleben**), welchen ich Sr. Mojestät bereits (vor)gelesen
habe. Allerhöchstdieselben haben mir befohlen, darüber zunächst
Euer Hochwohlgeboren Gutachten zu fordern. Indem ich diesem
Befehle hierdurch nachkomme, bemerke ich ergebenst, daß meine
eigne Ansicht über die Alvenslebensche Idee, welche mir über-
haupt noch keine recht klare und mehr durch den Wunsch und
Zweck, ein Gegengewicht gegen Oesterreich zu erlangen, her-
vorgerufen als in das System hineingewachsen zu sein scheint,
keine definitiv festgestellte ist ??#). Ich bin noch immer davon über-
*) S. Jasmund a. a. O. No. CCXII S. 330 ff.
*) S. Preußen im Bundestage IV, S. 210 f. Anm. 1.
z##) Graf Alvensleben stellte zur Erwägung, ob es sich nicht em-
pfehle, zu den aus dem preußisch-österreichischen Vertrage herrührenden
Verhandlungen mit den sog. „Bambergern“ eigene Bevollmächtigte von
der Bundesversammlung zu bestellen. „Wie diese Bevollmächtigung zu
veranlassen ist, muß ich den Eröffnungen an den Bundesgesandten über-
lassen; es fragt sich aber, wie die Bundesbevollmächtigten, wenn sie er-
nannt sind, am zweckmäßigsten benutzt werden können (um Preußens
Stellung Oesterreich gegenüber nach Möglichkeit zu verbessern). Da,
wie Eurer Königlichen Majestät ich allerunterthänigst angezeigt habe,
es nicht unwahrscheinlich ist, daß die französisch-englische Erwiderung
den beiden deutschen Mächten nicht direct sondern durch die Conferenz
zugehen wird, so könnte es sich fragen, ob nicht die Bundesbevollmäch=
tigten oder Einer derselben an der Conferenz Theil zu nehmen hätte.
Obwohl dies den Vortheil darbieten würde, daß Preußen unter den