— 194 —
1854 discret behandelt werden muß, leidet keinen Zweifel, denn die
23.7. Erbitterung der Westmächte gegen uns ist auf einen hohen
Punkt gediehen, und ein noch so freundlicher Kuß von Sachsen
oder Baiern scheint mir immerhin die Gefahren einer Englischen
Blokade nicht aufzuwiegen.
Des Königs Majestät haben mir zu erwägen gegeben, ob
ich nicht mit nach München gehen oder nachkommen wolle; ich
bin indeß nicht dafür, weil ich dieß für eine Demonstration
halten möchte, welche durch entsprechenden Vortheil nicht auf-
gewogen würde. Wenn aber Se. Maojestät darauf bestehen,
so werde ich mich schließlich nicht weigern.
Die Briefe meines Vetters, des Obersten von Manteuffel
aus Wien, haben mir bei aller Tüchtigkeit des Berichterstatters
keinen guten Eindruck gemacht. Buol ist ganz in den Händen
von Bourqueney, und der Kaiser, der viel Sentiment gezeigt,
hat doch in der Conversation diejenige Sprödigkeit durchblicken
lassen, welche von einem bereits fest und unabänderlich gefaßten
Entschluß Zeugniß giebt. Daß man entschlossen ist vorzugehen,
beweist eine mir heute zugehende telegraphische Nachricht, wo-
nach General Heß am 16. d. M. bei Burtschava die Grenze
der Wallachei überschritten hat. Was daraus entstehen wird,
ob ein feindliches Begegnen mit den Russen, eine Kriegs-Er-
klärung Seitens derselben, weiß Gott.
Leben Sie wohl. Mit ausgezeichneter Hochachtung
Euer Hochwohlgeboren
ganz ergebener Diener
Berlin, den 23. Juli 1854. Manteuffel?).
*) Bismarcks Antwort vom 25. Juli 1854 f. Preußen im Bundes-
tag IV, No. 89 S. 215 ff., Privatschreiben vom 26. Juli a. a. O. II,
No. 32 S. 52 f.; die in dem Privatschreiben erwähnte Anlage ist der
unter No. 95 abgedruckte Bericht.