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125.
General Graf Münster an General Gerlach).
[Ende Dez. 1855.]
Hier der ebenso interessante als unterhaltende Brief meines
alten Schulkameraden. Er fragt nach meinen Aeußerungen. —
Ich sage: Rußland macht einen schlechten Frieden, wenn man
die Form nur irgend genießbar bereitet und sich der gros mots
enthält. Wäre ich Kaiser Alexander, so würde ich den schlechten
Frieden nicht annehmen. Er braucht es nicht. Die schwarze
Meer-Flotte war kein Luxusartikel — Rußland bedurfte der-
selben, um Gewicht in die orientalischen Fragen zu werfen.
Hätte man zur Zeit der Menzikoffschen Sendung'“) gewußt,
was man wohllte, oder die Tragweite derselben in Petersburg
übersehen, so wäre mit Hülfe jener Flotte und einiger Energie
alles leicht zu machen gewesen. Bei Sinope 2c. arbeitete sie
gut — und war überhaupt mehr werth als eine gleiche Zahl
von Schiffen in der Ostsee.
Sagen Euer Excellenz an Bismarck neben meinem Gruß,
daß ich seinen Bericht mit Hingebung bei einer Stubenwärme von
etwa 20°% vorgelesen, und daß er mir wie herrliche Musik gegen
das Gewäsch von Reumont, Wagener und Goltz 2c. erschienen
sei, trotzdem mir die Zunge gegen das Ende allerdings wie
ein lederner Lappen im Munde gehangen hat.
Das Bild: „Bockelberg mit dem Ueberschuh“ — ist kostbar
und verdient eine sichtliche Darstellung?).
G. Münster).
*) Der Brief ist undatirt, doch beweist die Bezugnahme auf Bis-
marcks Brief an Gerlach vom 21. December 1855 (Ausgabe von H. Kohl,
S. 262 ff.), daß er Ende des Jahres 1855 geschrieben ist.
*#) Nach Constantinopel, März 1853.
*) S. a. a. O. S. 265.
1855
712.