Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

— 275 — 
Brief erhalten*). Er glaubt, daß damit die Souveränetät 1858 
halb zum Fenster hinausgeworfen sei. Ich kann das beim 12. 10. 
besten Willen nicht erkennen, meine Vorstellung von der Sache 
ist folgende: 
Wir haben einen dispositionsfähigen, aber regierungsun- 
fähigen König; derselbe sagt sich selbst und muß sich sagen, daß 
er seit länger als Jahresfrist nicht hat regieren können, daß 
die Aerzte und er selbst anerkennen müssen, der Zeitpunkt, woa 
er wieder selbst würde regieren können, lasse sich auch entfernt 
nicht angeben, daß eine unnatürliche Verlängerung der bis- 
herigen Vollmachts Ertheilung nicht am Orte und dem Staate 
eine sich selbst allein verantwortliche Spitze nothwendig sei; 
aus allen diesen Erwägungen gibt der König dem zunächst zur 
Krone Berufenen den Befehl, das zu thun, was für solchen 
Fall in der Landesverfassung vorgeschrieben ist. Die Bestim- 
mungen der letzteren, welche gerade in diesem Punkte correct 
und monarchisch abgefaßt sind, werden demnächst zur Anwen- 
dung gebracht und das, wenn auch nach der Erklärung des 
Königs überflüssige, immerhin aber in der Verfassung mit 
gutem Grunde vorgeschriebene Landtagsvotum wird eingeholt, 
aber streng auf Beantwortung der Frage beschränkt: Ist die 
Einsetzung einer Regentschaft nothwendig? mit andern Worten: 
Ist der König mit'") genügendem Grund von den Geschäften 
entfernt? Wie man diese Frage verneinen will, ist mir nicht 
ersichtlich; immerhin wird es noch manche, namentlich formale 
Schwierigkeit zu überwinden geben. Namentlich fehlt es für die 
in der Verfassung vorgesehene gemeinschaftliche Sitzung) an 
einer Geschäftsordnung. Diese wird man improvisiren müssen, 
indessen hoffe ich doch, daß man in etwa fünf Tagen mit der 
*) Manteuffel, Denkwürdigkeiten III, 320 f., ebd. Manteuffels Ant- 
wort vom 9. October, S. 327 f. 
*) Orig.: ohne. 
»rs) Beider Kammern.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.