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Brief erhalten*). Er glaubt, daß damit die Souveränetät 1858
halb zum Fenster hinausgeworfen sei. Ich kann das beim 12. 10.
besten Willen nicht erkennen, meine Vorstellung von der Sache
ist folgende:
Wir haben einen dispositionsfähigen, aber regierungsun-
fähigen König; derselbe sagt sich selbst und muß sich sagen, daß
er seit länger als Jahresfrist nicht hat regieren können, daß
die Aerzte und er selbst anerkennen müssen, der Zeitpunkt, woa
er wieder selbst würde regieren können, lasse sich auch entfernt
nicht angeben, daß eine unnatürliche Verlängerung der bis-
herigen Vollmachts Ertheilung nicht am Orte und dem Staate
eine sich selbst allein verantwortliche Spitze nothwendig sei;
aus allen diesen Erwägungen gibt der König dem zunächst zur
Krone Berufenen den Befehl, das zu thun, was für solchen
Fall in der Landesverfassung vorgeschrieben ist. Die Bestim-
mungen der letzteren, welche gerade in diesem Punkte correct
und monarchisch abgefaßt sind, werden demnächst zur Anwen-
dung gebracht und das, wenn auch nach der Erklärung des
Königs überflüssige, immerhin aber in der Verfassung mit
gutem Grunde vorgeschriebene Landtagsvotum wird eingeholt,
aber streng auf Beantwortung der Frage beschränkt: Ist die
Einsetzung einer Regentschaft nothwendig? mit andern Worten:
Ist der König mit'") genügendem Grund von den Geschäften
entfernt? Wie man diese Frage verneinen will, ist mir nicht
ersichtlich; immerhin wird es noch manche, namentlich formale
Schwierigkeit zu überwinden geben. Namentlich fehlt es für die
in der Verfassung vorgesehene gemeinschaftliche Sitzung) an
einer Geschäftsordnung. Diese wird man improvisiren müssen,
indessen hoffe ich doch, daß man in etwa fünf Tagen mit der
*) Manteuffel, Denkwürdigkeiten III, 320 f., ebd. Manteuffels Ant-
wort vom 9. October, S. 327 f.
*) Orig.: ohne.
»rs) Beider Kammern.