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letzten Tagen verschlimmerten geistigen Zustand des Königs 1858
an Widersinnigkeit grenzte. Da verlor der Prinz die Geduld 12. 10.
und machte mir Vorwürfe, nicht sogleich sein Schreiben abge-
schickt zu haben, und die Sache war nun nicht mehr zu halten.
Flottwells Wahl ist ohne all' mein Zuthun aus dem Prinzen
selbstständig hervorgegangen, sie hat, wie Manches gegen sich,
so auch Manches für sich).
Heute Nachmittag ist denn unser armer König hier durch
nach Leipzig auf der Tour nach Meran gereist. Da jeder
Empfang verboten war, so hatte ich mich unter der Menschen-
Menge im Ueberrock auf dem Bahnhof eingefunden. Ich ward
aber erkannt und in den Wagen des Königs gerufen. Er
klagte schmerzlich über seinen Kopf und sagte, seit 4 Wochen
gehe es ihm ja viel schlimmer als früher, er wisse gar nicht,
was daraus werden solle. Die Scene war unbeschreiblich
traurig.
Doch genug von unsern innern Dingen, die in der That
recht betrübt sind, und mir vielen Aerger gemacht haben und
noch Kummer machen.
Was die äußeren Verhältnisse betrifft, so erwarte ich mit
einiger Ungeduld Ihre Erwiederung auf mein gestriges Schreiben
wegen der Oesterreichischen Eröffnungen in Betreff Rastatts.
Meine Correspondenz mit Buol ist Ihnen wohl vollständig
bekannt; Sie haben mir aber darüber eine Meinung noch nicht
ausgesprochen. Durch diesseitiges Zögern möchte ich die Sache
nicht hinhalten?).
In der Holsteiner Sache nimmt jetzt plötzlich Schweden
so lebhaft Partei für Dänemark, daß Le coq#“) ganz kopfscheu
*) Von ( an bis hieher in G. u. E. nach einer Abschrift veröffent-
licht, hier mit Ueinen Berichtigungen nach dem Original wiederholt.
*) Bismarcks Antwort vom 12. October, Preußen im Bundestag III,
No. 197 S. 429 ff.
"**) Geheimer Rath im Ministerium des Auswärtigen.