139.
Minister v. Schleinitz an Bismarck.
Eurer Hochwohlgeboren
1858 säume ich nicht meinen verbindlichsten Dank abzustatten nicht
15. 11. blos für die freundlichen Worte, mit denen Sie mich in meiner
neuen Stellung haben begrüßen wollen, sondern ganz ins-
besondere auch für die in Ihrem Privat-Schreiben vom 9.5. M.“)
enthaltene, den Stempel äußerster Lebensfrische und Natur-
treue an sich tragende Schilderung des Eindrucks, den unsere
Ministerial-Veränderung auf den bundestäglichen Mikrokosmus
hervorgebracht hat. Wäre man genöthigt, diesen Herrn die
Richtigkeit ihrer Prämissen zuzugestehn, so ließe sich gegen die
Logik der daraus gezogenen Consequenzen schwerlich viel ein-
wenden. Ich hege das feste Vertrauen, daß die Dinge nicht
so kommen werden, wie man es von gewissen Seiten in pro-
phetischem Wohlwollen für unvermeidlich zu halten scheint.
Um auf der schiefen Fläche, die man uns so bereitwillig als
unsere naturgemäße Basis anweist, nicht nach links hinabzu-
rutschen, wird es vor allen Dingen darauf ankommen, sich
nicht auf die schiefe Fläche zu stellen; dies einzusehn sollte
man uns, die wir die letzten 10 Jahre nicht mehr als andre
Leute geschlafen haben, doch billig zutrauen.
Mittheilungen, wie sie Ihr Schreiben vom gten enthält,
haben nicht blos einen theoretischen, sondern einen sehr großen
praktischen Werth für mich und können, natürlich ohne irgend
eine Gefahr der Compromittirung für Sie nach mehr als
einer Seite hin zu heilsamen Einwirkungen von mir benutzt
werden. Es bedarf daher auch gewiß keiner besonderen Ver-
sicherung, wie sehr Sie meinen Wünschen entsprechen werden,
*) Concept nicht vorhanden; doch vgl. den Brief vom 12. November
1858 an Frau v. Arnim, Bismarckbriefe (8. Aufl.) S. 242 ff.