— 289 —
gleichberechtigten Bundesgenossen die Assecuranz gegen zu weit 1859
gehendes Uebergewicht Oestreichs zu leisten, und das Mißver= 12.5.
hältniß seiner Pflichten und seiner Rechte im Bunde, ergeben
in die Wünsche der Moajorität, mit nie ermüdender Gefälligkeit
zu tragen. Diese Tendenz der mittelstaatlichen Politik wird
mit der Stätigkeit der Magnetnadel nach jeder vorübergehenden
Schwankung wieder hervortreten, weil sie kein willkürliches
Product einzelner Umstände oder Personen darstellt, sondern
ein natürliches und nothwendiges Ergebniß der Bundesver-
hältnisse für die kleinern Staaten bildet. Wir haben kein Mittel,
uns mit ihr innerhalb der gegebenen Bundesverträge dauernd
und befriedigend abzufinden.
Seitdem unfre Bundesgenossen vor neun Jahren unter der
Leitung Oestreichs begonnen haben, aus dem bis dahin un-
beachteten Arsenal der Bundesgrundgesetze die Prinzipien ans
Tageslicht zu fördern, welche ihrem Systeme Vorschub leisten
können, seit die Bestimmungen, welche nur eine Bedeutung im
Sinne ihrer Stifter haben konnten, soweit sie von dem Ein-
verständnisse Preußens und Oestreichs getragen werden, einseitig
zur Bevormundung preußischer Politik auszubeuten versucht
werden, haben wir unausgesetzt das Drückende der Lage em-
pfinden müssen, in welche wir durch die Bundesverhältnisse
und ihre schließliche historische Entwickelung versetzt worden
sind. Wir mußten uns aber sagen, daß in ruhigen und regel-
mäßigen Zeiten wir das Uebel durch geschickte Behandlung
wohl in seinen Folgen abzuschwächen, aber nichts zu seiner
Heilung zu thun vermochten. In gefahrvollen Zeiten, wie es
die jetzigen sind, ist es zu natürlich, daß die andre Seite,
welche sich im Besitz aller Vortheile der Bundeseinrichtungen
befindet, gern zugiebt, daß manches Ungehörige geschehn sei,
aber im „allgemeinen Interesse“ den Zeitpunkt für durchaus
ungeeignet erklärt, um vergangne Dinge und „innere“ Streitig-
keiten zur Sprache zu bringen. Für uns aber kehrt eine
Aus Bismarcks Briefwechsel. 19