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sie nicht zugleich die Sache Preußens sein kann, wenn wir uns
nicht aufgeben wollen.
Ich gehe vielleicht zu weit, wenn ich die Ansicht äußere,
daß wir jeden rechtmäßigen Anlaß, welchen unfre Bundes-
genossen uns bieten, mit Eifer ergreifen sollten, um die Rolle
der Verletzten zu übernehmen und aus dieser zu derjenigen
Revision unfrer gegenseitigen Beziehungen zu gelangen, deren
Preußen bedarf, um in geregelten Beziehungen zu den kleinern
deutschen Staaten dauernd leben zu können. Ich glaube, wir
sollten den Handschuh, den Baiern uns hinwerfen zu wollen
scheint, bereitwillig aufnehmen und kein Unglück, sondern einen
Fortschritt zur Krisis der Besserung darin sehn, wenn eine
Majorität in Frankfurt einen Beschluß faßt, in welchem wir
eine Ueberschreitung der Competenz, eine willkürliche Aenderung
des Bundeszweckes, also einen Bruch der Bundesverträge finden
können, je unzweideutiger die Verletzung zu Tage tritt, desto
besser. In Oestreich, Frankreich, Rußland finden wir die
Bedingungen nicht leicht wieder so günstig, um uns eine Ver-
besserung unfrer Lage in Deutschland zu gestatten, und unfre
Bundesgenossen sind auf dem besten Wege, uns vollkommen
gerechten Anlaß dazu zu bieten, auch ohne daß wir ihrem
Uebermuthe durch unfre eigne Geschicklichkeit in unauffälliger
Weise nachhelfen. Sogar die Kreuzzeitung wird, wie ich eben
aus der Sonntagsnummer ersehe, in ihrem blinden Eifer
stutzig bei dem Gedanken, daß eine Frankfurter Majorität ohne
Weitres über die Preußische Armee disponiren könnte. Nicht
bloß an diesem Blatt habe ich bisher mit Besorgniß die Wahr-
nehmung gemacht, welche Alleinherrschaft sich Oestreich in der
deutschen Presse durch das geschickt angelegte Netz seiner Be-
einflussung geschaffen hat, und wie es diese Waffe zu handhaben
weiß. Ohne dieselbe wäre die sogenannte öffentliche Meinung
schwerlich zu dieser Höhe montirt worden ich sage die sogenannte,
denn das wirkliche Gros der Bevölkerung ist niemals für den
1859
12. 5.