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sehr guten Eindruck gemacht. Auch mir ist es sehr erfreulich 1%
gewesen, daß man unsere Mobilmachung in Petersburg so ruhig, 24
billig und verständig zu beurtheilen scheint. Für mich ist dabei
die Betrachtung entscheidend gewesen, daß Preußen in Zeit-
läuften, wie die jetzigen, einer activen schlagfertigen Armee gar
nicht entbehren kann, daß aber eine solche ohne ganze oder
theilweise Mobilisirung überhaupt nicht besteht, und daß man
daher zu dieser immerhin sehr lästigen und bedenklichen Maß-
regel schreiten muß, wenn nicht von Haus aus auf eine rasche
und energische Action verzichtet werden soll. Was den Umfang
der Aufstellungen betrifft, so hätte ich mich allerdings gern mit
etwas wenigerem begnügt, denn die Schwierigkeit, so große
Massen unbeschäftigt unter den Waffen zu halten, wird ohne
Zweifel noch vielfach in störender, vielleicht gefährlicher Weise
dem Gange einer bemessenen und leidenschaftslosen Politik in
den Weg treten. Glücklicherweise ist der Kriegsfuror in Preußen
beinahe gänzlich erloschen und im übrigen Deutschland doch auch
im Abnehmen begriffen, und zu diesem letzteren Resultate hat
unsere Mobilmachung, die den guten Leuten den Ernst der Lage
vor Augen geführt, nicht unwesentlich beigetragen. In unseren
maßgebenden Kreisen ist besonders seit einigen Tagen gleichfalls
eine bei weitem ruhigere und objectivere Anschauung hervor-
getreten, und so darf man an der Hoffnung festhalten, daß
Preußen entweder sich ganz aus diesem Kriege fernhalten oder
es doch mindestens vermeiden werde, sich in ganz kopfloser
Weise und unter den ungünstigsten Constellationen hineinzu-
stürzen. Wir werden in diesen Tagen in Petersburg und
London Mittheilungen machen, die den ersten Anstoß zu einer
Verständigung über eine gemeinschaftliche Friedens- und Ver-
mittelungsbasis geben sollen. Sie werden dort hoffentlich be-
friedigen, da sie nichts präjudiziren und sich in Form und In-
halt von der Prätension eines Ultimatums oder eines endgültigen
und unabänderlichen Entschlusses fern halten. Es ist wichtig,