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oder durch Budberg den weitern Impuls geben, damit die 1859
Sache möglichst bald ins Reine komme. Da hiernach die 29.9.
Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß die Idee zur Ausführung
kommen werde, und wenn dieß auch in der Eremitages) nicht
geschehen sollte, jedenfalls das Decorum zu verlangen scheint,
daß Sie während der Anwesenheit des Kaisers in Warschau
Sich dort einfinden, so scheint es mir das Zweckmäßigste zu
sein, wenn Sie Ihrer Abreise nach Petersburg vorläufig noch
Anstand geben, was hoffentlich mit nicht zu großen Nachtheilen
und Unbequemllichkeiten hinsichtlich der Beschwerden der Ueber-
siedelung Ihrer Familie verbunden sein wird.
Die Unruh'sche Mittheilung constatirt ein ebenso merk-
würdiges als erfreuliches Factum. Den Wunsch wegen Ver-
öffentlichung unserer Antwort in Sachen Oesterreich contra
Coburg werden wir denke ich bald erfüllen können.
Zum Schlusse entledige ich mich der Aufträge zweier schönen
Damen, indem ich Ihnen von Seiten Ihrer Majestät der Königin
von Holland?") deren lebhaftes Bedauern auszudrücken habe,
Sie wegen einer angeblichen Veränderung in Ihrer äußern
Erscheinung hier auf der Promenade nicht sogleich, sondern erst
ex post erkannt zu haben, während die Fürstin Obolenski mich
ersucht hat, Ihnen zu sagen, wie sehr Sie ihr hier fehlen,
wobei sie meiner Feder überläßt, Sie gleichzeitig in ihrem
Namen mit einer Fülle von Liebenswürdigkeiten zu überschütten.
Diesem erfreulichen Mandate mit Vergnügen, wenngleich wegen
Mangels an Zeit und Raum nur summarisch entsprechend bin
ich mit innigster Hochachtung
Ihr
treu ergebenster
Schleinitz.
*) Zu Warschau.
* ) Sophie, Tochter des Königs Wilhelm I. von Württemberg.
Aus Bismarcks Brieswechsel. 20