— 311 —
d'ordre nach allen Seiten hin gegeben; Presse und allerhöchste 1860
Umgebung wiederholen à Penvie den Ausdruck der kaiserlichen 25.6.
Befriedigung über eine vollständige Reussite des Badener
Rendezvous. Aufmerksame Beobachter meinen, daß der Kaiser
auf einen noch herzlicheren und wärmeren Empfang gerechnet
habe, und daß ihn namentlich die an Kälte grenzende In-
differenz des deutschen Publikums um so unangenehmer berührt
habe, als er sich bei seiner Reise vor 3 Jahren (nach Stuttgart)
nicht über ähnliche Symptome der öffentlichen Stimmung zu
beklagen gehabt habe. Allein nmporte, es ist ein parti pris,
daß die Entrevue über alle Erwartungen reussirt und den
Frieden wesentlich befestigt haben soll, und so wollen denn auch
wir sie in diesem Sinne auszubeuten suchen. Für uns ist es
jedenfalls sehr erfreulich, daß der Prinz-Regent bei dieser
Veranlassung nach allen Seiten hin auf eine äußerst glänzende
Weise abgeschlossen hat. Jedermann rühmt sein einfaches,
natürliches, würdiges Benehmen dem Kaiser Napoleon gegenüber,
dem er, wie wir aus Paris hören, sehr gefallen und imponirt
hat. Aber auch auf die deutschen Fürsten hat sein männliches
offenes und energisches Auftreten einen äußerst wohlthätigen
Eindruck gemacht. Sie haben sich überzeugt, daß es ihnen
nicht gelingen werde, ihn nach ihrer Pfeise tanzen zu lassen
oder zu einer Systems-Aenderung zu bewegen, wozu ver-
schiedene, wenn auch nur individuelle Anläufe gemacht worden
sind. Mehr oder weniger find alle diese Herren doch nicht
blos in dem Lichte sondern auch in dem eignen Gefühle als
Vasallen Preußens hier erschienen, und das ist jedenfalls ein
erfreuliches und neues Symptom der Zeit. Wie sich die
Sachen weiter entwickeln werden, hängt von mancherlei äußern
Umständen, vor allem aber von der Gestaltung der großen
politischen Verhältnisse ab. Was letztere und in specie den
Orient betrifft, so sehe ich nicht ab, weshalb wir nicht in dieser
für Rußland so wichtigen Frage die Russische Politik nach