Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

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1860 einige Chancen gewähren dürften. Gewährt man erst den 
30. 11. Franzosen das Recht zu schwatzen, so ist mit Sicherheit anzu- 
nehmen, daß sie sich mit der Zeit in Freiheit und Opposition 
hineinräsonniren, und das kann gegen gewisse Tendenzen ein heil- 
sames Gegengewicht abgeben. — In Warschau scheint man, 
nach den Aeußerungen Kisselews, den Regenten so verstanden zu 
haben, als habe S. Königliche Hoheit sich anheischig gemacht, die 
diplomatischen Beziehungen mit Sardinien abzubrechen, sobald 
die neuen Annexionen thatsächlich vollzogen sein würden. Dies 
ist indeß, wie ich des Prinzen Aeußerungen aufgefaßt habe, nicht 
der Fall, Allerhöchst Derselbe hat für diesen Fall nur eine neue 
Erwägung der Frage in Aussicht gestellt; und allerdings kann 
diese nicht ausbleiben, wenn, wie zu erwarten, wir demnächst, 
d. h. wahrscheinlich, nachdem der Ausspruch des italiänischen 
Parlaments erfolgt sein wird, offiziell von der Bildung des 
neuen Königreichs Italien in Kenntniß gesetzt werden. Ob man 
sich dann zur Abberufung entschließen wird, will ich dahin 
gestellt sein lassen, daß jetzt dazu kein geeigneter Moment wäre, 
ist mir aber nicht zweifelhaft, obgleich Bayern (12) jetzt mit 
dieser Maßregel vorgehen wird und uns dringend aufgefordert 
hat, uns diesem Beispiele anzuschließen. Budberg scheint mir 
übrigens auch nicht mehr sehr lebhaft für den diplomatischen 
Bruch zu plaidiren und im Stillen der Ansicht zu sein, daß wir 
im Grunde nicht übel gethan haben, seinem früheren Drängen 
nicht nachzugeben. Der für den Augenblick hier Alles in den 
Hintergrund drängende topic ist die scandalöse Schwarck- 
Stieber'sche Angelegenheit?). An die tendenziösen Enthüllungen 
knüpft sich ein ebenso tendenziöses Entrüstungs= und Wuth- 
Geheul, und wenn die Sache an sich, bei näherer Betrachtung 
auch zu ziemlich winzigen Proportionen zusammenschrumpft, so 
*) Im Proceß Schwarck-Stieber handelte es sich um einen Fall 
von Beamtenbestechung durch Annahme von Geschenken Seitens des 
Polizei-Assessors Stieber.
	        
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