1862
81. 12.
— 340 —
173.
Freiherr v. Vincke-Olbendorff an König Wilhelm.
Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König!
Allergnädigster König und Herrl
Eure Königliche Majestät wollen allergnädigst geruhen,
in gewohnter Weise wie seit 20 Jahren, meine allerunter-
thänigsten, innigsten Glückwünsche beim Wechsel des Jahres
entgegen zu nehmen. Möge Gott Eure Majestät segnen und
stets in seinen gnädigen Schutz nehmen! Dieses ist das auf-
richtige inbrünstige Gebet eines Eurer Majestät bis in den Tod
treu ergebenen Dieners und Unterthans.
Mit schwererem Herzen als je sehe ich in die Zukunft.
Eure Königliche Majestät wage ich nicht weiter mit meinen An-
sichten zu belästigen, weil ich doch wahrscheinlich die allerhöchste
Zustimmung nicht finden würde. Nur eines kann ich nicht
unterlassen auszusprechen, weil es meinerseits eine Untreue
gegen Eure Majestät sein würde, wenn ich es hier verschwiege:
ich fürchte, Eure Majestät sind über die Stimmung des bei
weitem größten Theiles des Volkes getäuscht. Das Volk hängt
treu an Eurer Majestät, aber es hält auch fest an dem Recht,
welches ihm der Artikel 99 der Verfassung unzweideutig ge-
währt. Möge Gott die unglücklichen Folgen eines großen
Mißverständnisses in Gnaden abwenden.
In tiefster Ehrfurcht und unerschütterlicher Treue ersterbend
Eurer Königlichen Majestät
allerunterthänigster
Olbendorf b. Grottkau Frhrr. v. Vincke
den 31. Dezember 1862. Oberstlieutenant a. D.)
—.
*) Die Antwort des Königs s. G. u. E. 1, 303f.