— 3561 —
Es ist überflüssig, ein Wort darüber zu verlieren, wie sich
die Verordnung zu der Achtung und dem Wohlwollen verhält,
die einem willigen, loyalen Volk gebühren, das aber, weil die
Regierung seine Stimme nicht hören will, zur Rolle des
Stummen verurtheilt wird.
Und welches sind die Erfolge, die Sie sich von dieser
Politik versprechen? Beruhigung der Gemüther, Herstellung
des Friedens?
Glauben Sie durch neue Kränkungen des Rechtsgefühls
die Gemüther beruhigen zu können?
Aber freilich, Sie erwarten einen günstigeren Erfolg neuer
Wahlen ). Mir scheint es gegen die menschliche Natur zu sein,
einen Umschwung von Stimmungen zu hoffen, welche durch
das Verfahren der Regierung nur fortwährend gesteigert und
gereizt werden.
Ich will Ihnen sagen, welchen Erfolg Ihrer Politik ich
vorhersehe:
Sie werden so lange an der Verfassung deuteln, bis die-
selbe ihren Werth in den Augen des Volks verliert. Sie werden
dadurch einerseits anarchische Bestrebungen, die über die Ver-
fassung hinausgehen, wachrufen. Sie werden andererseits,
mögen Sie es wollen oder nicht, von einer gewagten Inter-
pretation zur anderen, bis zu dem Anrathen des nackten unver-
schleierten Verfassungsbruchs getrieben werden.
Diejenigen, welche Seine Majestät den König, meinen
allergnädigsten Herrn Vater, auf solche Wege führen, betrachte
ich als die allergefährlichsten Rathgeber für Krone und Vater-
land#93. Friedrich Wilhelm KP.
P. s.
Ich habe schon vor dem 1. Juni d. J. von dem Recht,
den Sitzungen des Staatsministeriums beizuwohnen, nur sehr
eingeschränkten Gebrauch gemacht. Sie werden es nach meinen
1868
30. 6.
1863
2. 7.