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210.
v. Hennig an v. Keudell.
Ew. Hochwohlgeboren
1865 haben mich nicht weiter benachrichtigt, ob Sie die Aussicht auf
8. 6.
eine Ausgleichung der zwischen Herrn v. Bismarck und Herrn
Professor Virchow obschwebenden Differenz für nicht mehr vor-
handen ansehn.
Professor Virchow wünscht die Sache zu beendigen und
hat mich beauftragt, Ihnen mitzutheilen, daß er von der An-
sicht ausgehe, er habe seinerseits das Mögliche zu einer Aus-
gleichung gethan, indem er sich bereit erklärt hat, die von Bis-
marck gewünschte Erklärung unter einer unverfänglichen Be-
dingung abzugeben. Da hierauf bis zu diesem Augenblick keine
Antwort eingelaufen ist, so habe ich den weiteren Auftrag,
Ihnen anzuzeigen, daß Professor Virchow ein Duell bestimmt
ablehnt und zwar um so mehr, als die Angelegenheit ohne seine
Schuld in die Oeffentlichkeit gekommen und heute sogar im
Abgeordnetenhause zur Sprache gebracht worden ist. Seine
politischen Freunde und auch der Herr Präsident des Hauses
haben ihm die Pflicht auferlegt, das Duell nicht anzunehmen.
Ich bitte Sie Herrn v. Bismarck hiervon unterrichten und
ihn zugleich davon in Kenntniß setzen zu wollen, daß Professor
Virchow bereit ist, die zugesagte Erklärung unter der von mir
formulirten Bedingung im Hause abgeben zu wollen, wobei
ich ausdrücklich bemerke, daß es ihm nur auf den Sinn und
nicht auf den Wortlaut der letzteren ankommt.
Mit bekannter Hochachtung und Ergebenheit
Berlin, 8/6. 65. Hennig.