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in Bern seine abschliessende Ansicht, nach Anhörung der Land-
schaft, vorbehielt.
Das Zürcherische Referendum ist nur kurze Zeit in wirk-
lichem Gebrauch gewesen, dannzumal aber, ganz anders als gegen-
wärtig, vorzugsweise für die grossen und wichtigsten äusseren und
inneren Angelegenheiten gebraucht worden. Insbesondere für
solche, in denen die Regierung Halt und Kraft zu grossen Ent-
schlüssen durch engen Zusammenhang mit ihrem eigenen Volke
suchte. Es handelte sich namentlich um die Annahme der Refor-
mation, mit der Zürich längere Zeit ganz allein voranging und
um die Verwerfung des französischen Bündnisses, mittelst welchem
Frankreich die Schweiz auf Jahrhunderte hinaus in seinen Sold
nahm und zu jeder eigenen Politik unfähig machte. Es ist sehr
bezeichnend für die Natur und Wirkungen des Referendums, dass
dieser Zweck durchweg erreicht wurde und die Gemeinden das
Rechte trafen, während die vornehmsten Rathsherren dagegen
das Geld des französischen Königs liebten und öfter sogar ihr
Schweizer Bürgerrecht lieber, als dessen Sold aufgaben °%).
Die Antworten der Gemeinden zeugen auch hier von sehr vielem
34) Vgl. darüber HorTTineer, Geschichte der Eidgenossen in der Zeit
der Kirchentrennung I. 34—39. 41. 478. Eidg. Abschiede V. Il.4. Jedes
einzelne Rathsglied war in einzelnen Orten bestochen worden. „Der Franzos
(sagt BuULLINGER) erschütt den Kronensak und vergabet ein unsaglich Gut in
die Eidgnossschaft*. In Basel wurden jedem Mitglied des kleinen Rathes
jährlich 15, jedem des grossen 6 Kronen angeboten. Der wackere Schaffhauser
Hans STOKAR sagt in seinem Tagbuch darüber: Wer noch vor 3 Jahren vom
Bund mit Frankreich geredet hätte, hätte sterben müssen, so übel habe man
dem König (wegen der Schlacht von Marignano 1515) gewoilt: „Das ward
also vergessen. Das macht das Gelt und die Kronen, die hend uns blind ge-
macht, das wir unser schand und laster hend vergessen, das er uns zugfügt
hett und das Blutgelt, das man von im gnon hot, das wird uns den Tag
einst sur werden, ich hon iren aber nit gewelen und bin allweg wider die
Kron Frankrych gsyn*. Damit man übrigens nicht etwa denke, es sei diese
Freude an Jahrgeldern eine spezifisch schweizerische Eigenschaft gewesen,
haben die Geschichtsquellen auch die lebhaften Begehren unserer damaligen
tapferen Miteidgenossen von Rottweil am Neckar (die ebenfalls mit vor
Dijon und Marignano gewesen waren) nach solchen Früchten der damaligen
Politik aufbewahrt, worüber ein deutscher Volkspoet spöttisch sagt:
„von Rotwyl die newen schweizerknaben
wolltend der Ganss auch ein Feder haben“.