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Zuschauer beurtheilen kann — daß seine kirchlich ziemlich libe- 1878
ralen Anschauungen und seine ausgesprochene Neigung zur natio= 14.
nalliberalen Partei (die er mir offen zugestanden hat) manches
Bedenkliche haben. Trotzdem würde ich es bedauern, wenn er
jetzt abginge, ehe der Kampf mit der römischen Hierarchie
zu einem Abschluß gelangt ist; ich selbst habe kein Bedenken,
mit ihm zu arbeiten, würde hoffen, mit ihm mich zu ver-
ständigen in vielen Fragen oder wenigstens einen Bruch zu
vermeiden.
Die mir mitgetheilten schriftlichen Aeußerungen Seiner
Majestät sind in ihren ersten Sätzen wohl unanfechtbar. Auch
ich bin der Ansicht, daß die Aemter des Kirchenregiments mit
positiver gesinnten Männern zu besetzen sind, und ich glaube,
daß sich auch solche finden lassen werden, welche gleichzeitig die
nöthige Weisheit und Tact besitzen, um nicht mit dem Kopf
durch die Wand zu rennen und nicht das Gegentheil von dem
zu erreichen, was zum Besten des Christenthums erstrebt
werden muß. Aber dies ist nicht dasselbe, als wenn jetzt mit
größter Energie eine Action eröffnet werden soll, deren Zweck
ist, alle Personen hinauszuwerfen, die dem angelegten Maß-
stabe nicht genau entsprechen. Damit würde man nur alles
verderben.
Ich beschränke mich auf diese wenigen Bemerkungen, da
ich den speciellen Fall nicht kenne, welcher jetzt Herrn Falk
bewogen hat, seinen Abschied zu erbitten; erst eine nähere
Kenntniß desselben würde es ermöglichen, bestimmte Stellung
dazu zu nehmen, ob Sr. Majestät mit gutem Gewissen dazu
gerathen werden kann, von den bestimmten concreten Wünschen
zurückzutreten, und anderer Seits, ob die Sache der Art ist, daß
der Cultusminister wirklich eine Cabinetsfrage daraus zu machen
berechtigt ist. In dieser Beziehung glaube ich, daß an eine
principielle Verständigung zwischen dem Kaiser und dem Minister
Falk im Allgemeinen überhaupt nicht zu denken ist, sondern