Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

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Zuschauer beurtheilen kann — daß seine kirchlich ziemlich libe- 1878 
ralen Anschauungen und seine ausgesprochene Neigung zur natio= 14. 
nalliberalen Partei (die er mir offen zugestanden hat) manches 
Bedenkliche haben. Trotzdem würde ich es bedauern, wenn er 
jetzt abginge, ehe der Kampf mit der römischen Hierarchie 
zu einem Abschluß gelangt ist; ich selbst habe kein Bedenken, 
mit ihm zu arbeiten, würde hoffen, mit ihm mich zu ver- 
ständigen in vielen Fragen oder wenigstens einen Bruch zu 
vermeiden. 
Die mir mitgetheilten schriftlichen Aeußerungen Seiner 
Majestät sind in ihren ersten Sätzen wohl unanfechtbar. Auch 
ich bin der Ansicht, daß die Aemter des Kirchenregiments mit 
positiver gesinnten Männern zu besetzen sind, und ich glaube, 
daß sich auch solche finden lassen werden, welche gleichzeitig die 
nöthige Weisheit und Tact besitzen, um nicht mit dem Kopf 
durch die Wand zu rennen und nicht das Gegentheil von dem 
zu erreichen, was zum Besten des Christenthums erstrebt 
werden muß. Aber dies ist nicht dasselbe, als wenn jetzt mit 
größter Energie eine Action eröffnet werden soll, deren Zweck 
ist, alle Personen hinauszuwerfen, die dem angelegten Maß- 
stabe nicht genau entsprechen. Damit würde man nur alles 
verderben. 
Ich beschränke mich auf diese wenigen Bemerkungen, da 
ich den speciellen Fall nicht kenne, welcher jetzt Herrn Falk 
bewogen hat, seinen Abschied zu erbitten; erst eine nähere 
Kenntniß desselben würde es ermöglichen, bestimmte Stellung 
dazu zu nehmen, ob Sr. Majestät mit gutem Gewissen dazu 
gerathen werden kann, von den bestimmten concreten Wünschen 
zurückzutreten, und anderer Seits, ob die Sache der Art ist, daß 
der Cultusminister wirklich eine Cabinetsfrage daraus zu machen 
berechtigt ist. In dieser Beziehung glaube ich, daß an eine 
principielle Verständigung zwischen dem Kaiser und dem Minister 
Falk im Allgemeinen überhaupt nicht zu denken ist, sondern
	        
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