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328.
Bismarck an Graf Andraässy.
Gastein 20 9 79.
Verehrter Graf,
16879 In Anknüpfung an mein ergebenstes Schreiben vom 3 d. M.
20.9. beehre ich mich meine durch dasselbe vorbereitete Beantwor-
tung des gefälligen Schreibens Eurer Excellenz vom 1 d. M.
nunmehr zu vervollständigen. Ich habe über die Situation nach
Maßgabe des Inhalts unfrer hiesigen Besprechungen wieder-
holt und ausführlich Bericht erstattet und die Uebereinstimmung
meiner mich vertretenden Collegen mit meinen Eurer Excellenz
bekannten Ansichten hat es mir ermöglicht, die Schwierigkeiten,
welche durch die geographische Entfernung und durch entgegen-
gesetzte Einwirkungen von andrer Seite hervorgebracht wurden,
insoweit zu überwinden, daß ich die Uebereinstimmung Sr. Maje-
stät des Kaisers mit der Auffassung, welche mich bei unsern
jüngsten Besprechungen geleitet hat, im Princip habe feststellen
können. Nach Mittheilung meines Stellvertreters, des Grafen
Stolberg-Wernigerode ist der Kaiser bereit, einer Verabredung
zuzustimmen, vermöge deren beide Mächte sich gegenseitig ver-
sprechen auch ferner für die Erhaltung des Friedens und
namentlich für die Pflege ihrer friedlichen Beziehungen mit
Rußland einzutreten, in dem Fall aber, daß eine von ihnen
von einer oder von mehreren Mächten angegriffen werden sollte,
diesen Angriff mit ganzer Macht gemeinsam abzuwehren?.
Ich bin hiernach von meinem allergnädigsten Herrn er-
mächtigt, eine Defensiv-Allianz zwischen Oestreich-Ungarn und
dem Deutschen Reiche bedingungslos und mit oder ohne bestimmte
Zeitdauer vorzuschlagen. Ich bitte Eure Excellenz ergebenst,
über diesen Vorschlag in mündliche Besprechung mit mir ein-
*) S. o. S. 523.